Hellmann, Martin (ed.) Circa inicium algorismi. The lecture on algorithms by Nicolaus Matz. Edited and translated by Martin Hellmann. With a facsimile of the autograph from the manuscript D 692 of the Nicolaus-Matz-Library, Michelstadt. (Circa inicium algorismi. Die Algorismus-Vorlesung von Nicolaus Matz.) (German, Latin) Zbl 1115.01009 Rathaus- und Museumsreihe 23. Michelstadt: Stadt Michelstadt (ISBN 3-924583-46-3/hbk). cxvi, 233 p. (2006). Nachdem er von 1455–1469 in Wien studiert und gelehrt hatte, wirkte er von 1469–1471 als Lehrer der Mathematik an der Artistenfakultät der Universität Freiburg; der Sammelband \(\underline{D\,692}\) der Nicolaus-Matz-Bibliothek (Kirchenbibliothek) Michelstadt gilt als ein beredtes Zeugnis für diese bislang unbekannte Seite im Berufsleben von Nicolaus Matz, der schließlich ab 1473 in Freiburg und später in Speyer als Theologe wirkte. – In dem hier angesprochenen Kodex befindet sich ein lediglich zweimal, und zwar auch in Vat. lat. 1397 nachgewiesener Kommentar von Henricus Stolberger aus Regensburg [?] [Annaberger Schriften 14, S. 140 (Zbl 1110.01001)] zu Johannes Sacrobosco, nämlich eine 1452 in Amberg gehaltene Vorlesung – an der Lateinschule St. Martin? [Annaberger Schriften 17, S. 285 (Zbl 1122.01004)]; hat dies mit Vorlagen aus Kloster Reichenbach zu tun? –, sowie “eine von mehreren hundert erhaltenen Abschriften des Algorismus von …Sacrobosco” (S. VIII). – Das Herzstück der genannten Handschrift freilich “bildet der von Nicolaus Matz verfasste und hier erstmals herausgegebene Algorismus-Kommentar, der das Manuskript zu einer Vorlesung über den sogenannten Algorismus darstellt, das Rechnen mit den indisch-arabischen, den heute üblichen Zahlzeichen. Dass Matz eine solche Vorlesung gehalten hatte, ist seit längerem bekannt …” (S. VII). Die Arbeiten von Petrus Philomena de Dacia und Henricus Stolberger sind die beiden wichtigsten Vorbilder für das Werk von Nicolaus Matz; zusätzlich zog er Sacrobosco und Alexander de Villa Dei heran, wobei jedoch “zwischen den fremden Texten viele originelle Ideen zu finden sind” (S. XI). “Es handelt sich um das Manuskript zu einer Vorlesung, bei der man nicht nur gründlich Rechnen lernte, sondern dazu noch manches Lehrreiche und Amüsante erfahren konnte. Die verbreiteten Vorstellungen vom schlechten Rechenunterricht an den mittelalterlichen Universitäten werden ihr nicht gerecht.” (S. IX) “Nicolaus Matz …konnte in seinem Algorismus-Kommentar die zuvor genannten Elemente der Kommentierung noch zu einem Werk zusammenfügen, das über das Vorhandene hinausging und heute Beachtung verdient.” (S. X) Den Titel Circa inicium algorismi übernahm er von Henricus Stolberger.– Verf. geht sowohl auf die Vorlagen, als auch auf Eigentümlichkeiten und Besonderheiten im Werk des Nicolaus Matz ein, so: bei Sacrobosco versucht Matz “durch Einfügen von sprachlichen Partikeln die logische Struktur zu verdeutlichen. Dabei unterliefen ihm aber manche Fehler” (S. XII); “ein wichtiges Element im Algorismus-Kommentar …sind die eingestreuten Merkverse” (S. XIII); bei ihm findet sich kein Hinweis auf den indischen Ursprung unserer Ziffern. Nachdem die zehn Abschnitte des hier betrachteten Kommentars – Ad prooemium autoris, Numeratio, Additio, Subtractio, Mediatio, …Radicum extractio – vorgestellt wurden, wendet sich Verf. den von Nicolaus Matz ausgewählten 41 Rätseln zu – er spricht auch die Rätseltradition an –, bei denen freilich kaum eine Verbindung mit den Inhalten seines Algorismus selbst zu erkennen ist, die aber zunehmend dazu dienen sollen, Erlerntes einzuüben: 1) durch ihre amüsante Einkleidung lockern sie den Lehrstoff auf; 2) Nachrechnen dient der Festigung des im Algorismus erlernten Lehrstoffs; 3) Lösungswege führen an algebraische Methoden heran. Im folgenden werden die jeweils an die zehn einzelnen Abschnitte angehängten Rätsel sowohl inhaltlich, als auch in ihrer historischen Abfolge mit deutlichem Blick auf vorhandene Editionen und Sekundärliteratur vorgeführt; bei der “Multiplicatio” gibt eine der Aufgaben die Datierung 1471 preis (S. XXV). – In den “Anmerkungen zu einzelnen Textstellen” werden fachbezogene und allgemeine Wesensmerkmale hinsichlich bestimmter Redewendungen, wie etwa: “Notandum, quod et hodiernis temporibus …” (S. XXVI) mit Verweis auf die damalige Algebra; “Ulterius notandum regulas de progressione speciales …” (S. XXXIII) bezüglich geometrischer Reihenlehre, usw. ausführlich diskutiert. In einem weiteren Kapitel wird Nicolaus Matz’ Orthographie aufgeschlüsselt. – Dem anschließenden Faksimile der 60 engbeschriebenen Seiten mit dem Algorismus-Kommentar von der Hand des Nicolaus Matz aus Kodex \(\underline{D\,692}\), das mit beeindruckender Deutlichkeit vorgestellt wird, folgen dessen Transliteration mit Apparat, sowie die minuziöse Übersetzung; Seitenwechsel sollten hierbei deutlicher erkennbar sein. Hilfreiche editionstechnische und gliedernde Ergänzungen – S. 1 könnte klarer formuliert sein! – sind dieser Edition beigegeben, die in ein ansprechendes äußeres gekleidet wurde. Im Nachgang zu den drei bereits einschlägigen Abhandlungen des Verfs. über den Algorismus-Kommentar des Nicolaus Matz liefert er hier also eine beachtenswerte Gesamtschau. Ein Aufwand, den wohl nur der abschätzen kann, der sich selbst bereits mit ähnlichem beschäftigte, ein Aufwand, der hoffentlich zumindest in Fachkreisen entsprechend gewürdigt wird! Reviewer: W. Kaunzner (Regensburg) MSC: 01A40 History of mathematics in the 15th and 16th centuries, Renaissance 01-02 Research exposition (monographs, survey articles) pertaining to history and biography 97-03 History of mathematics education Keywords:Latin algorismus; Freiburg/Breisgau 1471; riddles Biographic References: Matz, Nicolaus Citations:Zbl 1110.01001; Zbl 1122.01004 Software:GLie × Cite Format Result Cite Review PDF