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Investigations on the algebraic transformation of the hypergeometric functions. (Untersuchungen über die algebraische Transformation der hypergeometrischen Functionen.) (German) JFM 18.0434.01

Habilitationsschrift Dresden. Leipzig. Teubner; Klein Ann. XXVII. 315-357 (1886).
Die vorliegende Arbeit giebt die Grundlagen einer Theorie der algebraischen Transformation der hypergeometrischen Functionen oder vielmehr, was im wesentlichen auf das Gleiche hinauskommt, der von Herrn Schwarz eingeführten Function \(s( \lambda, \mu, \nu, x)\), welche als Quotient zweier Particular-Lösungen der hypergeometrischen Differentialgleichungen erklärt ist. Diese Function genügt bekanntlich der Differentialgleichung dritter Ordnung \([s]_x = R(\lambda, \mu, \nu, x)\), wo \([s]_x\) den Ausdruck \(\frac{s'''}{s'} - \frac 32 \left( \frac{s''}{s'} \right)^2\) bezeichnet und \(R\) die rationale Function \[ \frac{1- \lambda^2 + (\lambda^2 + \mu^2 - \nu^2 -1)x + (1-\mu^2) x^2}{2x^2 (1-x)^2} \] bedeutet. Das Problem der algebraischen Transformation der Function \(s( \lambda, \mu, \nu, x)\) formulirt der Verfasser folgendermassen: “Es sollen alle algebraischen Gleichungen: \[ (1) \qquad f(x,y)=0 \] aufgestellt werden, welche den Uebergang von einer Differentialgleichung \[ (2) \qquad [s]_x = R( \lambda, \mu, \nu, x) \] zu einer Differentialgleichung derselben Form \[ (3) \qquad [s]_y = R(\lambda', \mu', \nu', y) \] vermitteln, mithin Integralgleichungen der Kummer’schen Differentialgleichung \[ (4) \qquad [x]_y + R(\lambda, \mu, \nu, x) \left( \frac{dx}{dy} \right)^2 = R(\lambda', \mu', \nu', y) \] darstellen.”
Zunächst untersucht der Verfasser die Verzweigung der beiden Riemann’schen Flächen, welche über der \(x-\) bez. \(y\)-Ebene ausgebreitet sind und zu der als irreducibel vorausgesetzten Gleichung \(f(x,y)=0\) gehören. Die hierbei befolgte Methode ist eine Verallgemeinerung derjenigen, welche Herr Klein auf die Theorie der Transformation der elliptischen Functionen angewandt hat. Die Grundlage derselben bildet der Schwarz’sche Satz, nach welchem die Function \(s(\lambda, \mu, \nu, x)\) die Abbildung der \(x\)-Halbebene auf ein Kreisbogen-Dreieck mit den Winkeln \(\lambda \pi, \mu \pi, \nu \pi\) vermittelt. Um dieses Dreieck zu einem vollständig bestimmten zu machen, hat man unter \(s( \lambda, \mu, \nu, x)\) einen bestimmten Zweig eines bestimmten particulären Integrals der Gleichung (2) zu verstehen. Die symmetrischen Vervielfältigungen dieses Dreiecks werden dann vermöge der anderen Zweige dieses particulären Integrals abwechselnd auf die negative und positive \(x\)-Halbebene abgebildet; dieselben constituiren ein Netz von Dreiecken, welches die \(s\)-Ebene oder einen Teil derselben einfach oder mehrfach überdeckt. In analoger Weise gehört zu einem bestimmten particulären Integral \(s( \lambda', \mu', \nu', y)\) der Gleichung (3) ein zweites Netz von Dreiecken, von welchen jedes einzelne die Winkel \(\lambda' \pi, \mu' \pi, \nu' \pi\) aufweist. Wenn nun die Gleichung (1) in \(x\) vom \(n'^{\text{ten}}\), in \(y\) vom \(n^{\text{ten}}\) Grade ist, so muss es möglich sein (bei richtiger Auswahl der particulären Integrale) in der \(s\)-Ebene ein Gebiet von folgender Beschaffenheit abzugrenzen: dasselbe besteht aus \(2n\) Dreiecken des ersten Netzes und lässt sich in \(2n'\) Teile zerlegen, welche ebenso vielen Dreiecken des zweiten Netzes äquivalent sind. Die erwähnten \(2n\) Dreiecke bez. \(2n'\) Teile entsprechen genau den \(n\) bez. \(n'\) Blättern der Riemann’schen Flächen, welche über der \(x\)- bez. \(y\)-Ebene ausgebreitet sind. Hieraus folgt zunächst, dass, wo immer eine Verzweigung stattfinden mag, entweder \(x\) oder \(y\) einen der Werte \(0, \infty, 1\) besitzen muss. Denn einer Verzweigungsstelle kann in der \(s\)-Ebene nur eine Stelle entsprechen, welche mindestens für eines der beiden Dreiecksnetze ein Eckpunkt ist. Die Eckpunkte entsprechen aber den Werten \(0, \infty, 1\). Des weiteren ergeben sich eine Reihe von Gleichungen und Ungleichungen zwischen den die Riemann’schen Flächen charakterisirenden Zahlen, nämlich der Zahl der Blätter, der Zahl der Cyklen, der Gleichung \(n(1- \lambda - \mu - \nu) = n' (1- \lambda' - \mu' - \nu')\) hervorgehoben.
Die specielle Annahme \(n' =1\) ergiebt das von Herrn Goursat aufgestellte System von Gleichungen und Ungleichungen, welches der rationalen Transformation \(x= R_n(y)\) entspricht. Ferner lässt sich die von Herrn Schwarz erledigte Aufgabe: alle Fälle zu bestimmen, in welchen die Differentialgleichung (2) algebraisch integrirt werden kann, auf Grund der besonderen Annahme \(\lambda' = \mu' = \nu' = 1\) behandeln. Bei dieser Annahme kann nämlich offenbar \(s(\lambda', \mu', \nu', y)=y\) gesetzt werden. Auch für das allgemeine Transformationsproblem bildet die Lösung des Systems von Gleichungen und Ungleichungen den ersten Schritt. Ob jeder einzelnen Lösung Riemann’sche Flächen und somit Lösungen des Transformationsproblem entsprechen, bleibt indessen noch unentschieden. Jedoch ergiebt sich unabhängig hiervon eine Reihe von Sätzen, von welchen einige hier hervorgehoben seien. Dabei sei vorausgeschickt, dass mit \(p\) das Geschlecht der Gleichung (1) bezeichnet wird und dass der Verfasser unter “Kummer’schen Typen” diejenigen Transformationen versteht, bei denen mindestens einer der Exponenten \(\lambda, \mu, \nu, \lambda', \mu', \nu'\) willkürlich bleibt. Diese Transformationen entstehen, wie Herr Goursat fand, sämtlich durch Combination der von Herrn Kummer aufgestellten rationalen Transformationen. Der Verfasser findet nun unter anderen folgende Sätze
“Soll die Kummer’sche Differentialgleichung (4) algebraische Integrale besitzen, welche nicht unter die “Kummer’schen Typen” gehören, so ist erforderlich, dass die Zahlen \(\lambda, \mu, \nu, \lambda', \mu', \nu'\) rationale Werte \(\frac{\alpha}{\varrho}, \frac{\beta}{\sigma}, \frac{\gamma}{\tau}, \frac{\alpha'}{\varrho'}, \frac{\beta'}{\sigma'}, \frac{\gamma'}{\tau'}\) haben.”
“Sind \(\lambda, \mu, \nu\) gegeben und ist \(\tilde\omega = 1- \frac{1}{\varrho} - \frac{1}{\sigma} - \frac{1}{\tau}\)positiv und von Null verschieden, so ergiebt sich nur eine endliche bestimmbare Anzahl algebraischer Integralgleichungen, für welche die Ordnung \(n'\) in der Variabeln \(x\) und das Geschlecht \(p\) vorgegebene Werte haben, andernfalls unendlich viele.” “Schliesst man die Fälle \(\tilde\omega \leqq 0\) aus, so existirt überhaupt nur eine endliche bestimmbare Anzahl wesentlich verschiedener algebraischer Irrationalitäten, welche der Kummer’schen Differentialgleichung genügen und für welche \(p\) und \(n'\) gegebene Werte haben.”
Dem Beweise dieser Sätze geht eine Untersuchung vorauf, welche sich auf die zu den Functionen \(s( \lambda, \mu, \nu, x)\) und \(s(\lambda', \mu', \nu', y)\) gehörigen Gruppen bezieht. Diese Gruppen kommen bekanntlich dadurch zu Stande, dass jedem Umlaufe der Variabeln \(x\) bez. \(y\) eine linear gebrochene Substitution der Function \(s( \lambda, \mu, \nu, x)\) bez. \(s( \lambda', \mu', \nu', y)\) entspricht. Die Gruppe von \(s( \lambda, \mu, \nu, x)\) kann in bekannter Weise aus den drei Substitutionen erzeugt werden, welche einfachen Umläufen von \(x\) um \(0, \infty, 1\) entsprechen. Der Verfasser giebt die Darstellung dieser erzeugenden Substitutionen durch \(\lambda, \mu, \nu\) in einer Form, welche gestattet, die zwischen ihnen bestehende Relation in einfacher Weise geometrisch zu deuten. Zwischen den Gruppen von zwei algebraisch in einander transformirbaren \(s\)-Functionen besteht die Beziehung, dass sie eine in beiden ausgezeichnete Untergruppe gemein haben.
Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der schon oben berührten Aufgabe, die Riemann’schen Flächen, welche zu einer Lösung des Systems von Gleichungen und Ungleichungen gehören können, wirklich herzustellen. Eine besondere Anwendung wird der Theorie der Modulargleichungen (Transformation \(11^{\text{ter}}\) Ordnung) entnommen.

MSC:

33C99 Hypergeometric functions
33C80 Connections of hypergeometric functions with groups and algebras, and related topics
30F99 Riemann surfaces