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Ricerche di geometria sulle superficie algebriche. (Italian) JFM 25.1212.02

Torino Mem. (2) XLIV. 171-232 (1894).
Die Geometrie “auf einem geometrischen Gebilde” erforscht die invarianten Eigenschaften desselben in Bezug auf seine birationalen Transformationen; dieser ausserordentlich wichtige Zweig der Geometrie hat zwei Quellen, nämlich die Riemann’sche Theorie der Abel’schen Functionen und die Untersuchungen über die algebraischen Verwandtschaften, welche man Cremona und Clebsch verdankt. In der Entwickelung des genannten Zweiges unterscheidet Herr Enriques sehr richtig zwei Momente. Im ersten trifft man die Erforschung der Bedingungen, damit zwei Gebilde in einander birational transformirbar seien, insbesondere die Betrachtung der verschiedenen Geschlechter und Moduln einer Curve oder Fläche und die Reduction aller durch eine Definition umfassten Gebilde auf gewisse Typen, welche durch birationale Transformationen irreductibel sind. Im zweiten Moment deckt sich die Geometrie auf einem Gebilde mit der Bestimmung der invarianten Eigenschaften desselben. Solche auf die Curven beschränkten Untersuchungen wurden zuerst von Clebsch mittels der Abel’schen Functionen, dann von Brill und Nöther in einer klassischen Abhandlung rein algebraisch durchgeführt; in Italien nahmen dieselben eine ganz neue Richtung, als man die Curven in einem beliebigen Raume zu betrachten begann. Unvergleichbar beschränkter sind die Fortschritte, welche die parallelen Studien über die Flächen gemacht haben. Einen Beitrag (und einen wichtigen) zur Geometrie auf einer algebraischen Fläche liefert die Arbeit, über die wir zu berichten haben, eine Arbeit, die sieh in der Benutzung mehrdimensionaler Betrachtungen an wohlbekannte Arbeiten der Herren Segre, Castelnuovo und Enriques selbst anreiht.
Der Hauptzweck der Abhandlung ist die Untersuchung der linearen Systeme von \(\infty^r\) algebraischen Curven, welche sich auf einer algebraischen Fläche befinden, d. h. solcher Systeme, welche auf einen \(R_r\) eindeutig abbildbar sind, und von denen jedes Element durch \(r\) Flächenpunkte bestimmt wird. Das Geschlecht einer beliebigen Curve des Systems ist “das Geschlecht des Systems”, während die Zahl der beweglichen Schnittpunkte zweier Curven des Systems der “Grad” desselben ist; dieser ist “einfach”, wenn die Curven des Systems, welche durch einen beliebigen Punkt der Fläche gehen, nicht notwendig durch andere, mit dem ersten bewegliche Flächenpunkte gehen. Unter den vom Verf. im Cap. I bewiesenen Sätzen heben wir die Verallgemeinerung eines Satzes hervor, welchen Herr Bertini über die linearen Systeme in einem ebenen Raum aufgestellt hat (F. d. M. XIV. 1882. 433, JFM 14.0433.02). In demselben Capitel sind die Begriffe “normale” und “vollkommene” Systeme zu bemerken, d. h. solche Systeme, welche in keinem höheren desselben Grades oder Geschlechts enthalten sind. Jedes System gehört zu einem bestimmten normalen System, und auf jeder Fläche, deren Geschlecht \(>0\) ist, gehört jede Curve zu einem bestimmten vollkommenen System desselben Geschlechts. Daraus leitet der Verf. den ersten Teil des Restsatzes ab.
Im Cap. II betrachtet der Verf. die Curven, welche die Eigenschaft besitzen, eine Residualgruppe der “charakteristischen” Reihe (d. h. derjenigen Reihe, welche die Curven des Systems auf jeder Curve desselben bestimmen) auf einer beliebigen Curve des \(\infty^r\) Systems zu bestimmen und eine im Residuum der charakteristischen Reihe enthaltene Gruppe auf einer beliebigen Curve eines in dem gegebenen enthaltenen Systems \(\infty^{r-1}\). Die Summen aus solchen Curven und den Fundamentalcurven des Systems besitzen dieselben Eigenschaften in Bezug auf jedes andere System, und wenn es sich um eine Fläche \(n^{\text{ter}}\) Ordnung im \(R_3\) handelt, so werden sie durch die adjungirten Flächen \((n-4)^{\text{ter}}\) Ordnung in Bezug auf die gegebene Fläche ausgeschnitten. Die eben definirten Curven haben unveränderliche Teile, welche “kanonische” Curven heissen und einen invarianten Charakter besitzen; auf dieselben gründet sich eine wichtige Einteilung der linearen Systeme einer Fläche in “reine” und “unreine”.
Das III. Capitel ist den “adjungirten” Systemen eines Systems \(\infty^r\) \((r>2)\) gewidmet; die Wichtigkeit derselben erhellt aus den vielen Folgerungen über die Structur der Fläche, welche der Verf. daraus abzieht, welche wir jedoch der Kürze wegen unerwähnt lassen. Nur der Beweis des zweiten Teils des Restsatzes (vgl. oben) möge erwähnt werden.
Das nächste Capitel von den reinen Systemen bietet das grösste Interesse. Die Bestimmung der Eigenschaften derselben nötigt zur Ausdehnung der Begriffe und Benennungen, welche Herr Castelnuovo in die Theorie der linearen Systeme ebener Curven eingeführt hat (vgl. F. d. M. XXIII. 1891. 653-658, JFM 23.0653.01). Wie in der Ebene, so hat auf einer beliebigen Fläche die Erforschung der “Fundamentalcurven” des Systems einen grossen Wert, d. h. der Curven, von denen jede ein Teil einer Systemcurve ist, und deren Enthaltensein in einer Curve des Systems eine einzige Bedingung darbietet. Solche Curven werden im V. Capitel eingehend betrachtet. Zum Schluss beschäftigt sich der Verf. mit den Involutionen, welche sich auf beliebigen Flächen befinden, um einige Sätze des Hrn. Castelnuovo zu verallgemeinern und einige neue Resultate zu begründen.
Bedenkt man, dass die Theorie der algebraischen Flächen etwa diejenige ist, welche dem Geometer mehr als jede andere am Herzen liegt, und dass dieselbe grosse und noch nicht überwundene Schwierigkeiten darbietet, so wird man sogleich einsehen, dass das Thema der Enriques’schen Arbeit genügt, um auf dieselbe die Aufmerksamkeit der Gelehrten zu lenken. Andererseits entschädigen die Strenge der Methoden und die Fülle der Resultate für die Mühe, welche das Studium derselben darbietet: dieses Studium ist daher jedem Geometer zu empfehlen.