Boy, W. Über die Curvatura integra und die Topologie geschlossener Flächen. (German) JFM 32.0488.02 Göttingen: Universitäts-Buchdruckerei (W. Fr. Kaestner). 53 S. (1901). Die Beziehung zwischen der Totalkrümmung \(C\) und dem Zusammenhang geschlossener Flächen ist von Kronecker und Dyck für den Fall erörtert worden, daß die Flächen singularitätenfrei sind. Es gilt die Relation \(C= 4\pi (1-p)\), wenn \(p\) das Geschlecht der Fläche ist, resp. \(C=2K \pi\), wo \(K\) die von Dyck eingeführte Charakteristik der Fläche ist; ihr Wert ist \(2- 2\sigma- \sigma'\), wo \(\sigma\) die Zahl der gewöhnlichen Rückkehrschnitte ist, die die Fläche nicht zerstückeln, und \(\sigma'\) die Zahl derjenigen, übrigens nur auf einseitigen Flächen möglichen analogen Rückkehrschnitte, bei deren einmaliger Durchlaufung sich der Sinn der Normale umdreht. Diese Beziehung dehnt der Verf. auf Flächen aus, die Singularitäten, wie Knotenpunkte, geschlossene oder endliche Doppelkurven, enthalten können, mögen sie einseitig oder zweiseitig sein. Es gelingt ihm dadurch, daß er den Begriff des Krümmungsmaßes auch auf die singulären Stellen in geschickter Weise zu erweitern versteht. Es zeigt sich, daß geschlossene Doppelkurven und singuläre Punkte den Wert von \(C\) nicht ändern, während offene Doppelkurven ihn um \(4\pi\) erhöhen; für eine Fläche mit \(n\) offenen Doppelkurven besteht also die Relation \(C= 2\pi K+ n4\pi \). Dies gilt sowohl für zweiseitige, wie für einseitige Flächen.Von zweiseitigen Flächen weiß man, daß man ganz im Endlichen liegende, sowohl geschlossene singularitätenfreie, wie auch solche, die mit Singularitäten behaftet sind, für jeden Wert der Charakteristik konstruieren kann. Die ersteren erhält man bekanntlich durch Ansetzen von Henkeln an eine Kugel; die letzteren kann man als Riemannsche Bedeckungen einer Kugelfläche wählen. Dieselbe Frage hatte für einseitige Flächen bislang keine Beantwortung gefunden. Ihre Beantwortung bildet den Inhalt des zweiten Teils der Dissertation; sie lautet, daß für beliebig gegebenes \(\sigma\) und \(\sigma'\), resp. beliebiges \(K\) singularitätenfreie geschlossene im Endlichen enthaltene Repräsentanten des bezüglichen einseitigen Flächentypus existieren. Alle diese Flächen haben übrigens notwendig eine Doppelkurve.Zu den einseitigen Flächen \(K= 1\) gehört auch die projektive Ebene. Auch für sie ergibt sich daher eine geschlossene, singularitätenfreie, ganz im Endlichen liegende einseitige Fläche als Repräsentant. Es gibt sogar beliebig viele solcher Repräsentanten; zwei von ihnen als einfachste Typen hat der Verf. konstruiert und näher beschrieben. Bedeutet nämlich \(E\) die Zahl der eigentlichen Maxima oder Minima einer Fläche, \(S\) die Zahl der Sattelpunkte mit horizontaler Tangentialebene, so besteht die Gleichung \(K=E-S\), und die beiden genannten Flächen entsprechen den Werten \(E = 2\), \(S = 1\) und \(E = 3\), \(S = 2\). Durch diese Werte und die Existenz der Doppelkurve sind die Flächen topologisch bestimmt. Diese Flächen leisten für die projektive Ebene dasselbe, wie die Kugel für die Ebene der Funktionentheorie. Reviewer: Schoenflies, Prof. (Königsberg i. Pr.) Cited in 5 ReviewsCited in 2 Documents JFM Section:Achter Abschnitt. Reine, elementare und synthetische Geometrie. Kapitel 2. Kontinuitätsbetrachtungen (Analysis Situs, Topologie). PDF BibTeX XML OpenURL