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Über die charakteristischen Einheiten der symmetrischen Gruppe. (German) JFM 34.0148.02

Sind \(P, Q, R, \dots\) die Elemente einer Gruppe \({\mathfrak H}\) der Ordnung \(h\), so führt Verf. ein System von \(h\) Zahlen ein, das er als charakteristische Einheit der Gruppe bezeichnet. Eine charakteristische Einheit wird als ein System von \(h\) Größen definiert, die nicht alle Null sind und den Bedingungen: \[ \varSigma a_P a_Q=a_R \quad (PQ=R) \] genügen, wobei in der Summe \(P\) und \(Q\) alle Elemente von \({\mathfrak H}\), deren Produkt \(R\) ist, durchlaufen. \(x_P, x_Q, x_R, \dots\) seien \(h\) unabhängige Variablen. Mit ihnen bilde man die Gruppenmatrix \(X=(x_{PQ^{-1}})\) und die mit ihr vertauschbare antistrophe Gruppenmatrix \(\overline{X}=(x_{Q^{-1}P})\). Setzt man \(x_P=a_P\), so erhält man analog der Gruppenmatrix die Matrix \(A=(a_{PQ^{-1}})\) und analog der antistrophen Gruppenmatrix die Matrix \(\overline{A}=(a_{Q^{-1}P})\). Es ist \(A^2=A\), \(\overline{A}_2=\overline{A}\).
Sind \((P), (Q), (R), \dots\) Matrizes \(n\)-ten Grades, die eine Darstellung der Gruppe \({\mathfrak H}\) bilden, d. h. wenn für zwei Elemente aus \({\mathfrak H}\) die Gleichung \(PQ= R\) besteht, soll \((P)(Q)=(R)\) sein, so heißt nach dem Verf. (Über die Darstellung der endlichen Gruppen durch lineare Substitutionen, Berl. Ber. 1897, 1899) die Matrix: \[ X_1=(P)x_P+(Q)x_Q+(R)x_R+\cdots \] die der angegebenen Darstellung von \({\mathfrak H}\) entsprechende oder eine zur Gruppe \({\mathfrak H}\) gehörige Matrix. Seien \(y_P, y_Q, y_R, \dots\) ein zweites System von \(h\) Variablen, aus ihnen und den \(h\) Variablen \(x_P, x_Q, x_R, \dots\) sei ein drittes System \[ z_R=\varSigma x_P y_Q \quad (PQ=R) \] gebildet; dann ergibt sich \[ X_1, Y_1=Z_1, \] falls \(Y_1\) und \(Z_1\) die gleichen Matrizes wie \(X_1\), jedoch in den Variablen \(y_P, y_Q, y_R, \dots\), bezw. \(z_P, z_Q, z_R, \dots\) geschrieben, bedeuten. Umgekehrt ist durch die Gleichung \(Z_1 = X_1 Y_1\), die Matrix \(X_1\) als eine zur Gruppe \({\mathfrak H}\) gehörige Matrix charakterisiert. Nun ist \(X\overline A \cdot Y\overline A=Z\overline A\), hierbei bedeuten \(Y\) und \(Z\) die in den Variablen \(y\), bezw. \(z\) geschriebene Gruppenmatrix \(X\). Jede charakteristische Einheit definiert daher eine zur Gruppe gehörige Matrix, nämlich die Matrix \(XA\). Die Spur einer Matrix \(X_1\), d. h. die Summe ihrer Diagonalterme, sei allgemein mit \(Sp X_1\) bezeichnet; dann ist offenbar: \[ Sp X_1=x_P Sp(P)+x_Q Sp(Q)+x_R Sp(R)+\cdots. \] Besteht \({\mathfrak H}\) aus \(k\) Klassen konjugierter Elemente, so können unter den \(h\) Spuren \(Sp(P), Sp(Q), Sp(R), \dots\) nur \(k\) verschiedene vorhanden sein. Entspricht \(X_1\) einer irreduziblen Darstellung der Gruppe \({\mathfrak H}\), so bilden die Spuren \(Sp(P), Sp(Q), Sp(R), \dots\) offenbar einen Gruppencharakter. (Vgl. zur Erläuterung Referat W. Burnside, S. 157 (JFM 34.0156.01)). Es gibt nur \(k\) verschiedene irreduzible Darstellungen der Gruppe \({\mathfrak H}\) durch Matrizes; für diese \(k\) Darstellungen werden die Spuren \(Sp(P)\) der \(k\) Matrizes \((P)\), die dem Element \(P\) von \({\mathfrak H}\) bei den \(k\) verschiedenen irreduziblen Darstellungen von \({\mathfrak H}\) entsprechen, entgegen der in Frobenius’ früheren Arbeiten verwandten Bezeichnung mit \(\chi^{\lambda}(P^{-1})\) bezeichnet; \(\lambda=1, 2, \dots, k\). Jede reduzible Darstellung der Gruppe \({\mathfrak H}\) ist vollständig reduzibel und einer Gruppe ähnlich, die in die eben genannten \(k\) irreduziblen zerfällt, hierbei kann jede einzelne der \(k\) Darstellungen mehrfach auftreten. Hieraus ergibt sich für jede einer Darstellung entsprechende Matrix \(X_1\), daß in \[ \begin{aligned} Sp X_1=x_P & Sp(P)+x_Q Sp(Q)+x_R Sp(R)+\cdots \\ & Sp(P)=\sum_\lambda r_{\lambda} \chi^{(\lambda)}(P^{-1}), \\ & Sp(Q)=\sum_{\lambda}r_{\lambda}\chi^{(\lambda)}(Q^{-1}), \\ & Sp(R)=\sum_{\lambda} r_{\lambda}\chi^{(\lambda)}(R^{-1}) \end{aligned} \] ist, wobei die \(k\) Konstanten \(r_{\lambda}(\geqq 0)\) positive ganze Zahlen bedeuten. Da \(P^{-1},Q^{-1}, R^{-1}, \dots\) bis auf die Reihenfolge ebenfalls die Elemente \(P, Q, R, \dots\) der Gruppe \({\mathfrak H}\) sind, definieren die Größen \(\chi^{(\lambda)}(P), \kappa^{(\lambda)}(Q)\chi^{(\lambda)} (R), \dots\), bei denen für \(P, Q, R\) nur ein Repräsentant aus den \(k\) Klassen konjugierter Elemente gesetzt zu werden braucht, einen Gruppencharakter. Eine lineare Verbindung \(\varphi(R)=\sum_{\lambda} r_{\lambda}\chi^{(\lambda)}(R)\), wobei \(r_{\lambda}(\geqq 0)\) positive ganze Zahlen bedeuten, nennt Verf. einen “zusammengesetzten Gruppencharakter”. (Diese Definition ist gegen die in früheren Arbeiten [vgl. F. d. M. \( 31\), 129, 1900] verwandte verschärft.) Zu jeder zur Gruppe gehörigen Matrix gehört ein zusammengesetzter oder einfacher Charakter; folglich bestimmt auch die Matrix \(X \overline{A}\) einen Charakter. Dieser durch die Spur \[ Sp(X \overline{A}=\sum_{R, S} a_{S^{-1}R^{-1}S}x_R \] bestimmte Charakter \[ \varphi(R)=\sum_S a_{S^{-1}RS}=\sum_{\lambda} r_{\lambda} \chi^{(\lambda)}(R) \] heißt “der durch die Einheit \(a_R\) bestimmte Charakter”. Ist der durch die charakteristische Einheit \(a_R\) bestimmte Charakter \(\varphi(R)\) ein einfacher Gruppencharakter, so heißt \(a_R\) eine “primitive Einheit”.
Verf. untersucht die charakteristischen Einheiten, besonders die primitiven Einheiten einer Gruppe, ausführlich. Durch Betrachtung der Einheiten einer Gruppe, die durch Einheiten einer Untergruppe erhalten werden, gelangt er zu neuen Beweisen für seine Sätze in der Arbeit “Über Relationen zwischen den Charakteren einer Gruppe und denen ihrer Untergruppen” (Berl. Ber. 1898; F. d. M. \( 29\),102, 1898, JFM 29.0102.01). Hierauf wendet er sich zu den Charakteren der symmetrischen Gruppe. In seiner früheren Arbeit “Über die Charaktere der symmetrischen Gruppe” (Berl. Ber. 1900; F. d. M. \( 31\),129, 1900, JFM 31.0129.02) hat Frobenius die \(k\) Gruppencharaktere der symmetrischen Gruppe \({\mathfrak H}\) des Grades \(n\) für eine bestimmte der \(k\) Klassen konjugierter Elemente, worin die \(h=n!\) Permutationen von \({\mathfrak H}\) zerfallen, als Entwicklungskoeffizienten einer ganzen Funktion mehrerer Variablen aufgestellt. Die Zahl \(n\) kann auf \(k\) verschiedene Weisen in positive Summanden \(n=k_1+k_2+\cdots+k_{\mu}\), zerlegt werden. Diesen \(k\) verschiedenen Zerlegungen der Zahl \(n\) können die \(k\) verschiedenen Gruppencharaktere \(\chi^{(\lambda)}\) \((\lambda=1, 2, \dots, k)\) zugeordnet werden. Besteht bei der Einteilung der symmetrischen Gruppe \({\mathfrak H}\) in \(k\) Klassen konjugierter Elemente die \(\varrho\)-te Klasse aus allen Permutationen, die \(\alpha, \beta, \gamma, \dots\) Zyklen der Grade \(1, 2, 3,\dots\) enthalten, so ist die Zahl \(\chi_{\varrho}^{(\lambda)}\) des Charakters \(\chi^{(\lambda)}\) \((\lambda=1, 2, \dots, k)\) eine ganze Funktion der Zahlen \(\alpha, \beta, \gamma\). [Die Bezeichnung ist gegen oben etwas geändert; für das System \(\chi^{(\lambda)}(P), \chi^{(\lambda)}(Q), \chi^{(\lambda)}(R), \dots\) von Zahlen ist \(\chi^{(\lambda)}\), für eine einzelne Zahl des Systems \(\chi_{\varrho} ^{(\lambda)}\) geschrieben.] Jeder Zerlegung \(n=k_1 + k_2 +\cdots+k_{\mu}\) entspricht eine assoziierte \(n=k_1'+k_2'+\cdots+k_{\nu}'\); hierbei bedeuten \(k_1'\) die Anzahl von Zahlen \(k_1, k_2, \dots, k_{\mu}\), die \(\geqq 1,\) \(k_2'\) die Anzahl derselben Zahlen, die \(\geqq 2\), allgemein \(k_{\tau}'\) die Anzahl derselben Zahlen \(k_1, k_2, \dots, k_{\mu}\), die \(\geqq \tau\). Der zu \(n=k_1, k_2 +\cdots+k_{\mu}\) assoziierten Zerlegung entspricht der assoziierte Gruppencharakter desjenigen, der zu der Zerlegung \(n=k_1+k_2+\cdots+k_{\mu}\), zugeordnet ist.
Verf. stellt neben diese Bestimmung der Gruppencharaktere der symmetrischen Gruppe hier eine zweite, indem er aus zwei Untergruppen \({\mathfrak M}\) und \({\mathfrak M'}\), die zwei assoziierten Zerlegungen der Zahl \(n\) entsprechen, Einheiten der symmetrischen Gruppe herleitet und hierdurch die Gruppencharaktere bestimmt. Der Gruppencharakter \(\chi^{(\lambda)}\) erscheint jetzt für eine bestimmte der \(k\) Klassen als Funktion der Zahlen \(k_1, k_2, \dots, k_{\mu}\), \(k_1', k_2', \dots, k_{\nu}'\) die symmetrisch oder alternierend ist, je nachdem die Substitutionen der Klasse gerade oder ungerade sind. Die Untergruppe \({\mathfrak M}\) wird gefunden, indem die \(n\) Symbole, welche die Permutationen von \({\mathfrak H}\) vertauschen, in irgend einer Weise in \({\mu}\) Abteilungen von je \(k_1, k_2, \dots, k_{\mu}\) Symbolen zerlegt werden; alle Permutationen von \({\mathfrak H}\), die nur die Symbole jeder Abteilung unter sich vertauschen, bilden dann die Gruppe \({\mathfrak M}\) der Ordnung \(k_1! k_2! \dots k_{\mu}!\) Aus der zu \(n=k_1+k_2+\cdots+k_{\mu}\) assoziierten Zerlegung sei in analoger Form die Gruppe \({\mathfrak M'}\) der Ordnung \(k_1'! k_2'! \dots k_{\nu}'!\) gebildet. Man kann die Gruppe \({\mathfrak M'}\) so wählen, daß sie zu \({\mathfrak M}\) teilerfremd ist. Nur in diesem Falle heißen \({\mathfrak M}\) und \({\mathfrak M'}\) “assoziierte Untergruppen” von \({\mathfrak H}\). Folgende Sätze bezeichnet Verf. als solche, die wohl einige der merkwürdigsten Eigenschaften der symmetrischen Gruppe und ihrer Charaktere enthalten:
I. Sind \(M_1\) und \(M_2\) veränderliche Elemente der Gruppe \({\mathfrak M}\) und \(M_1'\) und \(M_2'\) solche der assoziierten Gruppe \({\mathfrak M}'\) so hat die Gleichung \(M_1 M_1'=M_2' M_2\) mehr Lösungen, worin \(M_1' M_2'\) gerade ist, als Lösungen, worin \(M_1' M_2'\) ungerade ist. Der Überschuß ist gleich \(\frac {h}{f}\).
II. Ist \(M\) ein veränderliches Element der Gruppe \({\mathfrak M}\) und \(R\) ein veränderliches Element, das die \(h_{\varrho}\) verschiedenen Elemente der \({\varrho}\)-ten Klasse durchläuft, so ist \(\frac{h_{\varrho} \chi_{\varrho}}{f}\) gleich der Differenz zwischen der Anzahl der geraden und der Anzahl der ungeraden unter den Substitutionen \(MR\) (oder \(RM\)), die der zu \({\mathfrak M}\) assoziierten Gruppe \({\mathfrak M'}\) angehören.
III. Sei \(\zeta(R)=0\), wenn \(R\) dem Komplex \({\mathfrak M \mathfrak M'}\) nicht angehört. Ist aber \(R=MM'\), wobei \(M\) und \(M'\) Elemente aus \({\mathfrak M}\), bezw. \({\mathfrak M'}\) bedeuten, so sei \(\zeta(R)=+1\) oder \(-1\), je nachdem die Permutation \(M'\) gerade oder ungerade ist. Dann ist \(\frac{f}{h}\zeta(R)\) eine für die symmetrische Gruppe charakteristische primitive Einheit, die den Charakter \(\chi(R)\) bestimmt; \(f\) ist der Grad des Charakters \(\chi(R)\) und kann mit Hülfe der Zerlegung \(n=k_1+k_2+\cdots+k_{\mu}\), explizit bestimmt werden (vgl. Frobenius, Berl. Ber. 1900, 522).
Die Eigenschaften der Funktion \(\zeta(R)\), jedoch ohne ihre Beziehung zu dem Charakter \(\chi(R)\) und der ihm entsprechenden primitiven. Darstellung der symmetrischen Gruppe zu erkennen, hat A. Young in seinen Arbeiten “On quantitative substitutional analysis” (Lond. M. S. Proc. \( 33, 34\); F. d. M. \( 33\), 158, 1902, JFM 33.0158.03) bereits untersucht, Frobenius leitet nochmals seine Resultate ab. Zum Schluß berechnet er die Charaktere der symmetrischen Gruppe für einige besondere Klassen, vorzüglich für die Klasse der \(\frac{n(n-1)}{2}\) Transpositionen. Dies führt ihn dazu, die Stellung der Untersuchungen von A. Hurwitz (Über die Anzahl der Riemannschen Flächen mit gegebenen Verzweigungspunkten, Math. Ann. 39, 55) und von Netto (Über die Zusammensetzung von Substitutionen aus den Transpositionen, Math. Ann. 56; F. d. M. \(33\), 143, 1902, JFM 33.0143.02) in seiner allgemeinen Theorie der Gruppencharaktere klarzulegen.