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Die Mechanik des Himmels. 2. Band. (German) JFM 38.0949.11

Leipzig: Veit & Comp. VIII u. 478 S. (1907).
Den sieben Abschnitten des ersten Bandes folgen hier vier weitere Abschnitte.
Der achte Abschnitt enthält Entwicklungen zur mechanischen Quadratur, gestützt auf die Maclaurinsche oder Eulersche Summenformel, in deren Koeffizienten die Bernoullischen Zahlen vorkommen. Sie wird in Verbindung gebracht mit den Differenzen erster und höherer Ordnung in der Enckeschen Bezeichnung, um dann auf numerische Beispiele angewendet zu werden. Das ausführlichste derselben bezieht sich auf den bekannten Jacobischen Fall, in welchem diejenige periodische Lösung entwickelt wird, welche Darwin in seiner großen Arbeit “On periodic orbits” berechnet hat. Das Jacobische Integral dient wie bei Darwin zur Kontrolle.
Im neunten Abschnitt “Periodische Lösungen” werden zunächst nach der von Laplace angegebenen Methode die von Lagrange gefundenen besonderen Fälle abgeleitet, in denen die drei Massenpunkte um einander Kegelschnitte beschreiben, wobei der Gyldénsche Begriff der Liberationszentren entwickelt wird, deren Lage der Verf. für die Sonne und je einen Hauptplaneten berechnet, bei geradliniger Anordnung. Darauf werden in dem vorgenannten Jacobischen Fall, den der Verf. übrigens als “Astroidisches Dreiköperproblem” bezeichnet, die Bedingungen für periodische Lösungen um die Liberationszentren untersucht, wobei die Hillsche Grenzkurve, welche aus dem Jacobischen Integral ihren Ursprung ableitet, untersucht wird. Dann wendet sich der Verf. anderen Arten periodischer Lösungen zu, zunächst denjenigen um die eine oder die andere Masse, immer noch im Astroidischen Problem. Sie sind ungleich schwieriger zu ermitteln, weil die zugehörigen Differentialgleichungen nicht mehr (in erster Annäherung) linear sind. Es wird im wesentlichen die von Hill angegebene Methode benutzt und der Zusammenhang mit dem “Mondproblem” erörtert. Nach Einschaltung eines Paragraphen über das bekannte Cauchysche Existenztheorem von Lösungen von Differentialgleichungen und seine Erweiterung von Poincaré wird dessen Methode erläutert, periodische Lösungen aufzusuchen. Es werden seine drei “Gattungen” genauer entwickelt, und zuletzt wird noch die Möglichkeit anderer Gattungen erörtert, welche nicht zu den Poincaréschen gehören. In einem Schlußwort erläutert der Verf. die außerordentliche Wichtigkeit dieser ganz der Neuzeit angehörenden Untersuchungen unbeschadet der Tatsache, daß bisher nur in einem einzigen Fall in unserem Planetensystem eine Art Libration im Problem der \(n\) Körper festgestellt worden ist, nämlich die merkwürdige Gleichung von Laplace für die drei inneren Monde des Jupiter, Verf. kommt zu dem Schluß:
“Man hat also allen Grund zur Annahme, daß die periodischen Lösungen des Dreikörperproblems eine bedeutende Rolle in der Astronomie zu spielen bestimmt sind.”
Der zehnte Abschnitt beschäftigt sich mit der schwierigen und viel umstrittenen Frage der Konvergenz der Reihen in der Mechanik des Himmels. Zunächst wird das Problem der zwei Körper vornehmlich daraufhin betrachtet, was die Entwicklung nach Potenzen der Exzentrizität oder nach Potenzen der Zeit sowie der mittleren Anomalie betrifft, welche letzteren bekanntlich bei Bestimmung der Elemente eine Planetenbahn bevorzugt werden. Da es sich hier um eine Veränderliche handelt, beruht die Entscheidung der Konvergenz bekanntlich auf der Auffindung des Radius des Konvergenzkreises, was verhältnismäßig einfach ist. Nachdem der Verf. sich abermals der Hillschen Grenzkurve zugewendet hat, weil sie in einem besonderen Falle die Grenzen für die Veränderlichkeit der Koordinaten bestimmt, die hinsichtlich der Konvergenz im besonderen zwei Schwierigkeiten bieten, von denen die erste aus dem Vorhandensein der säkularen Glieder, die zweite aus dem Vorhandensein der “kleinen Divisioren” entspringt. “Andererseits zeigt die numerische Anwendung der Störungstheorie auf das Planeten system eine Gute Übereinstimmung zwischen der Theorie und den Beobachtungen. Man kann hieraus indirekt schließen, daß eine Konvergenz irgendwelcher Art wirklich vorhanden sein muß.” Der einzige Ansatz, der bisher zur Untersuchung der Konvergenz gegeben ist, besteht zurzeit in dem Cauchyschen Theorem, das aber sicherlich zu enge Grenzen für den Konvergenzbereich gibt, die sich wahrscheinlich durch geeignetere Hülfsfunktionen werden erweitern lassen. Was die “kleinen Divisoren” betrifft, so kommt zu allererst ein Theorem von Bruns in Betracht, nach welchem die absoluten Summen der Koeffizienten der Glieder der “integrierten” Störungsfunktion unendlich viele Konvergenz- und Divergenzstellen haben, wenn man das Verhältnis der mittleren Anomalien in einem noch so engen Spielraum variieren läßt. Es wird dann der Versuch Gyldén’s besprochen, nachzuweisen, daß trotzdem die Wahrscheinlichkeit einer Divergenz unendlich klein ist. Zum Schluß folgen eigene Untersuchungen des Verf., die sich auf die trigonometrischen Reihen selbst und nicht auf die Summen der absoluten Werte ihrer Koeffizienten beziehen.
Der elfte Abschnitt “Über die Form der Integrale im Problem der drei Körper” wird durch das Jacobische Transformationstheorem über Differentialgleichungen in kanonischer Form, welche wieder in die kanonische Form transformiert werden sollen, eingeleitet, wobei der Verf. eine Erweiterung gibt auf den Fall, daß die Störungsfunktion die Zeit explizit enthält. Es folgt eine Anwendung auf das Astroidische Problem und dann auf mechanische Probleme mit nur einem Freiheitsgrad: \[ \frac{dx}{dt}=\frac{\partial H}{\partial y}, \quad \frac{dy}{dt}=-\frac{\partial H}{\partial x}\,. \] Nach einer Einschaltung über die Entwicklung der Störungsfunktion erläutert der Verf. die Transformationen von Delaunay in seiner “Théorie du mouvement de la line”, welche von demselben 497-mal hintereinander ausgeführt worden ist, um die Störungsfunktion von den periodischen Gliedern (nahezu) rein zu erhalten. Dann folgen Untersuchungen über Kommensurabilitäten niederen und höheren Grades und die ihnen zugeordneten Librationen. Die letzten Paragraphen handeln von der Darstellung der Integrale in rein trigonometrischer Form und den Schwierigkeiten, welche dabei zu überwinden sind, wobei auf die Arbeiten von Laplace, Leverrier, Newcomb, Delaunay, Gyldén usw. Bezug genommen wird. Zum Schluß werden die hierher gehörenden Divergenzbeweise von Poincaré gestreift, welche die Hoffnungen auf die rein trigonometrische Form bekanntlich sehr herabgemindert haben.