Courant, Richard; Hilbert, David Methoden der mathematischen Physik. 1. Band. (German) JFM 50.0335.07 Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen, Bd. 12. Berlin: J. Springer, gr. \(8^\circ\), xiii, 450 S. (1924). Die Methoden zur Lösung der Differentialgleichungen der mathematischen Physik werden in diesem Buche durchweg vom Standpunkte der Maximum- und Minimumprobleme aus betrachtet und dadurch einheitlich dargestellt. In Kapitel I, das die Algebra der linearen Transformationen und der quadratischen Formen behandelt, werden die Hauptachsen der Flächen zweiten Grades durch eine Minimum-Maximum-Eigenschaft bestimmt. Das zweite Kapitel bringt Sätze über Reihenentwicklungen nach Orthogonalfunktionen und über die Approximation von Funktionen durch Polynome. In bemerkenswerter Weise wird hier die Lebesguesche Theorie umgangen und dennoch eine Abrundung der Sätze erzielt. Das geschieht durch Zugrundelegung von Mengen von gleichmäßig stetigen Funktionen, wobei die Gleichmäßigkeit nicht nur Unabhängigkeit von dem Argument, sondern auch von dem Funktionenexemplar der Menge bedeuten soll. Speziell bilden, wie in Kap. III, §3, hervorgehoben wird, alle mit Hilfe eines festen stetigen Kernes “quellenmäßig” dargestellten Funktionen \[ g(s)=\int_a^b K(s,t)h(t)\,dt \] bei \(| h(t)| \leqq M\) eine solche Menge. Ein weiteres Hilfsmittel für die Untersuchung von Funktionenfolgen ist die in Kap. II definierte “asymptotische Dimensionenzahl” einer Funktionenfolge. Im übrigen werden in Kap. II spezielle Orthogonalsysteme, vor allem das trigonometrische, ausführlich behandelt und durch wichtige Beispiele beleuchtet. Die “Ergänzungen und Aufgaben” (so heißt der Schlußparagraph jedes Kapitels) enthalten z. B. die Gaußsche numerische Quadratur, die Bernoullischen Funktionen, die Mellinsche Formel und die Grundzüge der Lebesgueschen Theorie.Die Theorie der linearen Integra]gleichungen in Kap. III geht aus von den “ausgearteten Kernen” \(A(s,t)=\sum_{i=1}^p \alpha_i(s)p_i(t)\) und führt dann über den Weierstraßschen Approximationssatz zu den Fredholmschen Sätzen. Der Schmidtsche Satz über die Existenz von Eigenwerten bei symmetrischen Kernen wird durch eine Maximalforderung an eine “quadratische Integralform” erhalten. Die “Ergänzungen und Aufgaben” bringen z. B. einige interessante spezielle Kerne und Hinweise auf die Methoden von Enskog und Kellogg.Das vierte Kapitel behandelt die Grundtatsachen der Variationsrechnung. Zunächst wird die Problemstellung an Beispielen erläutert und dann das Prinzip der Minimalfolgen (Ritzsches Verfahren u. a.) vorgeführt und an zwei Potentialproblemen direkt durchgerechnet. Im übrigen werden die direkten Methoden der Variationsrechnung auf den angekündigten zweiten Band verwiesen. In §3 werden die Eulerschen Differentialgleichungen wie üblich aufgestellt. Hingewiesen sei auf den eigenartigen Beweis des Du Bois-Reymondschen Satzes über die zweimalige Differenzierbarkeit von Extremalen. Dann werden Randbedingungen und Nebenbedingungen ausführlich untersucht und in §7 die Invarianz der ersten Variation zur Transformation von \(\Delta u\) auf verschiedene wichtige Koordinatensysteme benutzt. In §8 werden die Greenschen Formeln eingeschaltet, in §9 das Hamiltonsche Prinzip aufgestellt und zur Ableitung der Differentialgleichungen einiger physikalischer Probleme benutzt. Die “Ergänzungen und Aufgaben” enthalten z. B. einen Hinweis auf die Caretheodorysche Indikatrix und auf die Sätze von E. Noether über invariante Variationsprobleme.Kap. V behandelt die Schwingungs- und Eigenwertprobleme der mathematischen Physik. Zunächst werden die Systeme von einem Freiheitsgrad betrachtet und eine Anwendung auf das Problem der Verzerrung der seismographischen Registrierung gemacht. Die Systeme von endlich vielen Freiheitsgraden dienen zum Übergang zu denen von unendlich vielen. Dann werden schwingende Saite, schwingender Stab, schwingende Membran (unter Hervorhebung der rechteckigen und der kreisförmigen) und schwingende Platte, vor allem die kreisförmige, behandelt, und zwar durchweg unter der erst in §10 bewiesenen Annahme der Vollständigkeit des zugehörigen Eigenfunktionensystems. Der §10 bringt dann die Zurückführung auf die Integralgleichungen mit Hilfe der Greenschen Funktion, deren Konstruktion jedoch nur im eindimensionalen Fall gegeben wird, während die Existenztheoreme für die Greenschen Funktionen partieller Differentialgleichungen in den 2. Band verwiesen werden. Der §11 enthält durchgerechnete Beispiele von Greenschen Funktionen für viele einzelne Typen von Differentialgleichungen und Randbedingungen. Von den “Ergänzungen und Aufgaben” seien besonders hervorgehoben die lehrreichen Figuren über die Registrierung durch Registrierapparate (nach Broemser, Z. Biologie 63), ferner die von Ostrowski mit Hilfe des Spiegelungsprinzips durchgeführte Berechnung der Greenschen Funktion für das dreidimensionale Rechtflach, außerdem die Hinweise auf die Greenschen Tensoren für Systeme von Differentialgleichungen auf belastete Integraigleichungen und auf eine Methode von Trefftz.Kap. VI, das Anwendung der Variationsrechnung auf die Eigenwertprobleme überschrieben ist, bringt vor allem die Beweise und Sätze, die Courant [Math. Z. 7, 1–57 (1920; JFM 47.0455.02)]. entwickelt hat. Es handelt sich hier darum, daßdie Maximum-Minimum-Methode, die in Kap. III auf die Integralgleichungen angewandt wurde, direkt an den Variationsproblemen durchzuführen, die zu sich selbst adjungierten Differentialgleichungen gehören. Über die zitierte Arbeit hinausgehend wird hier die Minimumseigenschaft der Eigenwerte zum Beweise der Vollständigkeit der Eigenfunktionen benutzt. Der §5 enthält den Courantschen Satz über die Höchstzahl der durch Knotenlinien abgegrenzten Teile des Grundgebietes (s. [Gött. Nachr. 1923, 81–84 (1923; JFM 49.0342.01)]), §6 asymptotische Entwicklungen der Sturm-Lionvilleschen Funktionen mit Einschlußder Besselschen und Legendreschen Funktionen.Das 7. Kap., das spezielle, durch Eigenwertprobleme definierte Funktionen eingehender behandelt, steht in methodischer Hinsicht in keinem Zusammenhang mit den übrigen Teilen des Buches. Es legt komplexe Variable zugrunde und bedient sich vor allem des Cauchyschen Integralsatzes. Die Besselschen Funktionen werden in §2 sehr einheitlich und übersichtlich dargestellt und zwar ausgehend von den “Hankelschen Funktionen” \(H_\lambda^1(x)\) und \(H_\lambda^2(x)\), deren Integraldarstellungen direkt aus der Besselschen Differentialgleichung gewonnen werden. Der §3 bringt die Legendreschen Funktionen auf der Grundlage eines Schläflischen Integrals, §4 die Laplaceschen Kugelfunktionen und zwar erstens im Anschlußan die Legendreschen Funktionen und zweitens in der Darstellung von Maxwell, die vom Newtonschen Potential ausgeht, wobei ein von Ostrowski bewiesener algebraischer Hilfssatz von Sylvester benutzt wird (vgl. A. Ostrowski [Deutsche Math.-Ver. 33, 174–184 (1924; JFM 50.0054.01)]). Den Schlußdes Buches bilden die Herleitungen asymptotischer Darstellungen, und zwar wird die Sattelpunktmethode zur Gewinnung der Stirlingschen Formel und asymptotischer Formeln für die Besselschen und Hankelschen Funktionen benutzt und die Darbouxsche Methode auf die asymptotische Entwicklung der Legendreschen Polynome angewandt.Das Buch wird wegen seines einheitlichen Aufbaus und seiner anschaulichen und klaren Darstellung dem Studierenden als Lehrbuch und wegen seines reichen Materials dem Physiker als Nachschlagebuch dienen können. Reviewer: Rademacher, Prof. (Breslau) & Radon, Prof. (Breslau) Cited in 7 ReviewsCited in 57 Documents MSC: 00A05 Mathematics in general 00A06 Mathematics for nonmathematicians (engineering, social sciences, etc.) 35-00 General reference works (handbooks, dictionaries, bibliographies, etc.) pertaining to partial differential equations 46-00 General reference works (handbooks, dictionaries, bibliographies, etc.) pertaining to functional analysis 49-00 General reference works (handbooks, dictionaries, bibliographies, etc.) pertaining to calculus of variations and optimal control JFM Section:Vierter Abschnitt. Analysis. Kapitel 14. Parabolische und hyperbolische Differentialgleichungen und Verwandtes. Besondere Randwertaufgaben der mathematischen Physik. Keywords:methods of mathematical physics Biographic References: Courant, Richard; Hilbert, David Citations:JFM 49.0342.01; JFM 47.0455.02; JFM 50.0054.01 × Cite Format Result Cite Review PDF Full Text: EuDML