×

Topologische Fragen der Differentialgeometrie. 61: Über die Bestimmung von Pfaffschen Formen mit vorgegebenen Ableitungsgleichungen. (German) JFM 61.0516.01

Sind \(\omega_s\) \((s= 1,2,3)\) drei linear unabhängige Pfaffsche Formen, \(d\omega_s\) ihre “Ableitungen” im Sinne der Theorie symbolischer Differentialformen (vgl. É. Goursat, Leçons sur le problème de Pfaff (Paris, 1922; F. d. M. 48, 538 (JFM 48.0538.*)); E. Kähler, Einführung in die Theorie der Systeme von Differentialgleichungen (Leipzig, 1934; F. d. M. \(60_{\text{I}}\), 401)), so gilt die Darstellung \[ \varTheta_s \equiv -d\omega_s + \sum_{i=1}^3 c_s^i \omega_{i+1} \omega_{i+2} = 0 \quad \pmod 3 \tag{*} \] vermöge symbolischer Produkte \(\omega_i \omega_{i+1}\). Man kommt so in eindeutiger Weise auf bestimmte Koeffizientensysteme \(c_s^i\), welche sich wie Skalare transformieren: \[ \bar c_s^i(\bar x_1, \bar x_2, \bar x_3) = c_s^i \left(x_1(\bar x), x_2(\bar x), x_3(\bar x)\right). \] Wie steht es mit der Umkehrung? Wie und unter welchen Bedingungen kann man aus vorgegebenen \(c_s^i(x_1, x_2, x_3)\) die zugehörigen Pfaffschen Formen bestimmen?
Stellt man \(\omega_s\) vermöge \[ \omega_s = \sum_{k=1}^3 z_{sk}\, dx_k \qquad (s = 1,2,3) \] dar, so handelt es sich um die Bestimmung der Unbekannten \(z_{sk}\) aus dem System: \[ \varTheta_s=0, \quad d\varTheta_s=0 \qquad (s = 1,2, 3). \] Das System der \(\varTheta_s\) und \(d\varTheta_s\) ersetzt Verf. durch das äquivalente der \(\varphi_s\), \(d\varphi_s\), \(\varTheta_s\), wo unter \(\varphi_s\) Skalarformen zu verstehen sind, die als Koeffizienten von \(\varTheta_s\) auftreten und die Unbekannten \(z_{ik}\) linear enthalten. Sodann behandelt Verf. zunächst das skalare System \(\varphi_s=0\). Die Anfangswerte von sechs willkürlichen \(z_{ik}\) werden darin vorgegeben, die der restlichen drei berechnet. Die erforderliche Auflösung des Systems verlangt das Nichtverschwinden einer gewissen Determinante \(F\). Aber die Voraussetzung \(F\neq 0\) ist noch erheblich weitertragend: sie gestattet Verf. (mit allem Rüstzeug moderner Symbolik) die Darstellung einer regulären Kette von Integralelementen (vgl. E. Kähler, l. c.), d. h. die Bestimmung aller Koeffizienten \(y_{jk}^l\) im Lösungsansatz \[ dz_{jk} = \sum_l y_{jk}^l \, dx_l. \] Damit sind jedoch noch keineswegs alle Klippen des Beweisganges umschifft. Verschwindet nämlich zufolge \(\varphi_s = 0\) die Determinante \(D = |z_{ik}|\), so werden die Formen \(\omega_s\) linear abhängig. Der genaueren Untersuchung der Sonderfälle \(F = 0\) bzw. \(D = 0\) schickt Verf. erst einen Abschnitt über Transformation der unabhängigen Variablen voraus. Denn nur solche Ausnahmefälle sind geometrisch wesentlich, für welche das Verschwinden von \(F\) kovariante Eigenschaft des Problems ist. Nach einer genauen Untersuchung der Determinante \(F\) (entwickelt als Polynom in den \(z_{ik}\)) und des Produktes \(D \cdot F\) (entwickelt als Polynom in \(z_{i1}\) und \(z_{i2}\)) gewinnt Verf. schließlich folgendes Endresultat: Sind die Matrizen \[ \begin{matrix} \l \\ M_1 = \left(\dfrac{\partial c_s^1}{\partial x_1}\,\dfrac{\partial c_s^1}{\partial x_2}\, \dfrac{\partial c_s^1}{\partial x_3}\,\dfrac{\partial c_s^2}{\partial x_1}\, \dfrac{\partial c_s^2}{\partial x_2}\,\dfrac{\partial c_s^2}{\partial x_3}\, \dfrac{\partial c_s^3}{\partial x_1}\,\dfrac{\partial c_s^3}{\partial x_2}\, \dfrac{\partial c_s^3}{\partial x_3}\, C_s\right), \\ M_2 = \left(\dfrac{\partial c_s^1}{\partial x_1}\,\dfrac{\partial c_s^1}{\partial x_2}\, \dfrac{\partial c_s^1}{\partial x_3}\,\dfrac{\partial c_s^2}{\partial x_1}\, \dfrac{\partial c_s^2}{\partial x_2}\,\dfrac{\partial c_s^2}{\partial x_3}\, \dfrac{\partial c_s^3}{\partial x_1}\,\dfrac{\partial c_s^3}{\partial x_2}\, \dfrac{\partial c_s^3}{\partial x_3}\right) \end{matrix} \] (Zeilenindex \(s = 1,2, 3\); \(C_s= \sum\limits_i c_s^i\left(c_{i+1}^{i+2} - c_{i+2}^{i+1}\right)\)) von verschiedenem Rang, so existieren keine Lösungen; haben \(M_1\) und \(M_2\) den gleichen Rang \(r = 0, 1, 2, 3\) und ist \(N = 0, 1, 2, 3\) die Anzahl der analytisch unabhängigen unter den Funktionen \(c_s^i\), so bestehen Lösungen für \(N = r = 0\), \(N = r = 1\), \(N = r = 2\), \(N = r = 3\) (es sei denn, daß alle zehn Formen \[ \begin{matrix} \varkappa(\alpha, \beta, \gamma) & = d(c_1^\alpha, c_2^\beta, c_3^\gamma) + d(c_2^\alpha, c_3^\beta, c_1^\gamma) + d(c_3^\alpha, c_1^\beta, c_2^\gamma) \\ & +\, d(c_1^\beta, c_2^\alpha, c_3^\gamma) + d(c_2^\beta, c_3^\alpha, c_1^\gamma) + d(c_3^\beta, c_1^\alpha, c_2^\gamma) \end{matrix} \] verschwinden oder mit geeigneten Koeffizienten \(b_i(x)\) die Proportionen \[ dc_s^1 : dc_s^2 : dc_s^3 = b_1 : b_2 : b_3, \qquad C_s = 0 \] bestehen), \(N = 2\), \(r = 1\); \(N = 3\), \(r = 1\); \(N = 3\), \(r = 2\). In allen anderen Fällen existieren keine Lösungen, abgesehen von dem Fall \(N = 1\), \(r = 3\), \(C_s \neq 0\), der einer weiteren Untersuchung bedarf. Die Lösungen hängen von \(3 - r\) willkürlichen Funktionen dreier Variablen, 3 willkürlichen Funktionen zweier Variablen und 3 Funktionen einer Variablen ab. \(r = 0\) bedingt stets \(N = 0\) und ebenso \(r \neq 0\) stets \(N \neq 0\). Man hat in der ganzen Studie eine bemerkenswert erfolgreiche praktische Anwendung der modernen Theorie symbolischer Differentialformen bzw. partieller Differentialsysteme vor sich (vgl. C. Burstin, Beiträge zum Pfaffschen Problem. Rec. math. Moscou 41 (1934), 582-654; F. d. M. \(60_{\text{II}}\)). (V 6 D.)

Citations:

JFM 48.0538.*
PDFBibTeX XMLCite
Full Text: DOI EuDML