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Finiteness theorems for abelian varieties over number fields. (Endlichkeitssätze für abelsche Varietäten über Zahlkörpern.) (German) Zbl 0588.14026

Invent. Math. 73, 349-366 (1983); Erratum ibid. 75, 381 (1984).
Der Autor hat in dieser Arbeit seinen vielbeachteten und gefeierten Beweis der Mordellschen Vermutung niedergelegt: daß jede glatte projektive algebraische Kurve \(X\) vom Geschlecht \(g\geq 2\) über einem Zahlkörper \(K\) nur endlich viele \(K\)-rationale Punkte \(X(K)\) hat (Satz 7). Dank einer früheren Arbeit von A. N. Parshin [Math. USSR, Izv. 2 (1968), 1145–1170 (1970); Übersetzung von Izv. Akad. Nauk SSSR, Ser. Mat. 32, 1191–1219 (1968; Zbl 0181.23902)] genügte es dafür, die sogenannte Shafarevich-Vermutung zu beweisen:
Es gibt nur endlich viele (bis auf Isomorphie) glatte projektive algebraische Kurven \(X\) über \(K\) mit vorgegebenem Geschlecht \(g\) und guter Reduktion außerhalb einer vorgegebenen endlichen Menge \(S\) von Primstellen von \(K\).
Durch Übergang zu den Jacobischen folgt diese Aussage mit Hilfe einer geeigneten Fassung des Satzes von Torelli aus der Aussage (Satz 6):
Es gibt nur endlich viele Isomorphieklassen abelscher Varietäten mit Polarisierung von vorgegebenem Grad \(d>0\) über \(K\), die außerhalb \(S\) gute Reduktion haben.
Dies beweist der Autor und, auf dem Wege dahin, auch die wichtige, vorher nur in wenigen Spezialfällen bewiesene, Tate-Vermutung für Endomorphismen abelscher Varietäten \(A\) über \(K\):
Sei \(\pi =\text{Gal}(\bar K/K)\) die absolute Galoisgruppe von \(K\), \(\ell\) eine Primzahl. Der inverse Limes der \(\ell^ n\)-Teilungspunkte von \(A\), \(T_{\ell}(A)=\lim_{\overset \leftarrow n}A[\ell^ n](\bar K)\), ist ein freier \({\mathbb Z}_{\ell}\)-Modul mit \(\pi\)-Aktion. Dann gilt:
(Satz 3) Die Darstellung von \(\pi\) auf \(T_{\ell}(A)\otimes_{{\mathbb Z}_{\ell}}{\mathbb Q}_{\ell}\) ist halbeinfach.
(Satz 4) Die natürliche Abbildung \(\text{End}_ K(A)\otimes {\mathbb Z}_{\ell}\to \text{End}_{\pi}(T_{\ell}(A))\) ist ein Isomorphismus.
Diese Aussagen wurden von J. Tate [Invent. 2, 134–144 (1966; Zbl 0147.20303)] für abelsche Varietäten über endlichen Körpern bewiesen, und Tate’s Ansatz wurde von Yu. G. Zarkhin [insbesondere in Math. USSR, Izv. 9 (1975), 255–260 (1976); Übersetzung von Izv. Akad. Nauk SSSR, Ser. Mat. 39, 272–277 (1975; Zbl 0345.14014)] für den Funktionenkörperfall ausgebaut. Mit denselben Methoden (Zarkhin, loc. cit.; nicht die von ihm zitierten Arbeiten Zarkhins) reduziert der Autor hier den Zahlkörperfall auf Eigenschaften der Höhe einer abelschen Varietät über \(K\), \(h(A)\).
Dieser Höhenbegriff ist die entscheidende begriffliche Neuheit der Arbeit. Zwar ist \(h(A)\) im wesentlichen nur ein – durch die Arakelovtheorie motiviertes – Maß der Volumina von \(A(\overline{K_ v})\) bzgl. eines Néron-Differentials auf \(A\), wo \(K_ v\) die archimedischen Komplettierungen von \(K\) durchläuft. Der Autor beweist aber für \(h(A)\) die typische diophantische Eigenschaft einer Höhe auf dem Modulraum \(A_ g\) prinzipal polarisierter abelscher Varietäten der Dimension \(g\):
Gegeben \(c\), es existieren nur endlich viele Isomorphieklassen prinzipal polarisierter abelscher Varietäten \(A\) der Dimension \(g\) über \(K\), mit semistabiler Reduktion, so daß \(h(A)\leq c\) ist (Satz 1).
Der Beweis dieses Satzes ist der technisch aufwendigste Teil der Arbeit (§§ 2,3): \(A_ g\) is nicht leicht zu handhaben (an entscheidender Stelle greift der Autor noch auf einen Vergleich mit dem Modulschema stabiler Kurven vom Geschlecht \(g\) zurück), und \(h\) hat – wenn auch nur logarithmische – Singularitäten längs des Randes der Kompaktifizierung von \(A_ g\).
Für hilfreiche Varianten dieses Satzes 1 und seines Beweises, wie auch für einen laufenden Kommentar aller Teile der Arbeit, empfiehlt sich sehr der Vergleich mit den verschiedenen Ausarbeitungen von des Autors Argumenten, die inzwischen erschienen sind: P. Deligne, Sémin. Bourbaki, 36e année, 1983/84, Exp. No. 616, Astérisque 121/122, 25–41 (1985; Zbl 0591.14026) and L. Szpiro, Sémin. Bourbaki, 36e année, 1983/84, Exp. No. 619, Astérisque 121/122, 83–103 (1985; Zbl 0591.14027); G. Faltings, G. Wüstholz et. al., “Rational points”, Semin. Bonn/Wuppertal 1983/84 (1984; Zbl 0588.14027); L. Szpiro, ”Séminaire sur les pinceaux arithmétiques: La conjecture de Mordell”, Astérisque 127 (1985; Zbl 0588.14028); G. Cornell und J. H. Silverman, Arithmetic Geometry, Proc. Conf. Storrs 1984 (Springer Verlag 1986; Zbl 0596.00007) (das letztgenannte Buch enthält eine getreue englische Übersetzung des hier referierten Artikels, s. Zbl 0602.14044). Vgl. auch Yu. G. Zarkhin, Invent. Math. 79, 309–321 (1985; Zbl 0557.14024).
Die weiteren Schaltstellen im Beweisgang sind wie folgt: Um Sätze 3 und 4, gemäß Tates Ansatz, auf Satz 1 zu reduzieren, wird das Verhalten der Höhe \(h(A)\) berechnet, wenn \(A\) durch die Stufen einer über \(K\) definierten \(\ell\)-divisiblen Untergruppe \((G_ n)\) von \((A[\ell^ n])\) geteilt wird: Die Folge dieser Höhen wird stationär (Satz 2/Erratum). Hier wird Tates Strukturtheorie \(\ell\)-divisibler Gruppen herangezogen.
Um zu Satz 6 zu gelangen, wird zunächst die Endlichkeit der Anzahl der Isogenieklassen abelscher Varietäten der Dimension \(g\) über \(K\) mit guter Reduktion außerhalb S gezeigt (Satz 5): Nach Satz 3/4 ist \(A\) bis auf \(K\)-Isogenie bestimmt durch die Spuren fast aller Frobenius-Elemente \(F_ v\) (v\(\nmid \ell)\) auf \(T_{\ell}(A)\), oder durch fast alle Euler Faktoren \(L_ v(A,s)\) der Hasse-Weil \(L\)-Funktion von \(A\) über \(K\). Nach Weil’s Satz über die Eigenwerte der \(F_ v\) gibt es nur endlich viele Möglichkeiten für jedes \(L_ v(A,s)\). Der Autor zeigt nun mit einem überraschenden, kurzen Argument, wie Chebotarev’s Dichtigkeitssatz \(A\) schon durch die \(L_ v\), für \(v\) in einer geeigneten endlichen Menge von Stellen von \(K\), bis auf Isogenie bestimmt. Das erledigt Satz 5.
Für Satz 6 bleibt zu zeigen, daß jede Isogenieklasse in nur endlich viele Isomorphieklassen zerfällt. Unter Benutzung von Satz 3/4 sowie Satz 1 reduziert sich dies bald auf eine Höhenberechnung, die der im Beweis von Satz 2 analog ist, allerdings Raynauds Theorie [M. Raynaud, Bull. Soc. Math. Fr. 102 (1974), 241–280 (1975; Zbl 0325.14020)] benutzt.
Vgl. auch das Referat über den Übersichtsartikel des Autors in Jahresber. Dtsch. Math.-Ver. 86, 1–13 (1984; Zbl 0586.14012).

MSC:

14K15 Arithmetic ground fields for abelian varieties
14G05 Rational points
14G40 Arithmetic varieties and schemes; Arakelov theory; heights
14G25 Global ground fields in algebraic geometry
11G10 Abelian varieties of dimension \(> 1\)
11D41 Higher degree equations; Fermat’s equation
PDFBibTeX XMLCite
Full Text: DOI EuDML

References:

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