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Geschichte der Mathematik in Deutschland. (German) JFM 10.0024.01

München. Oldenbourg (1877).
Die vorliegende Geschichte der Mathematik in Deutschland bildet den siebzehnten Band der, von der historischen Commission der Königlichen Akademie der Wissenschaften in München herausgegebenen Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Der Verfasser spricht in der Vorrede aus, dass er die Absicht gehabt habe, die Geschichte der Mathematik auf dem Hintergrunde der allgemeinen deutschen Culturgeschichte zu zeichnen, dass er aber aus inneren und äusseren Gründen auf die Durchführung dieses Planes habe verzichten müssen. Es ist im hohen Grade zu bedauern, dass der Verfasser nicht wenigstens versucht hat, diesen Plan durchzuführen; er giebt damit zugleich den Gesichtspunkt an, von dem aus sein Buch zu beurtheilen ist. Es kann kein wirkliches Bild der Entwickelung einer einzelnen Wissenschaft entstehen, wenn es nicht im Zusammenhang mit der allgemeinen Culturentwickelung geschieht. Denn eine Wissenschaft und sei sie noch so abgeschlossen, entwickelt sich nicht völlig in sich und aus sich heraus, sondern nur in Wechselwirkung mit den Bestrebungen und Forschungen in angrenzenden Gebieten und den Strömungen des allgemeinen Lebens. Demgemäss findet man denn auch in dem vorliegenden Werke mehr eine Schilderung der Leistungen einzelner hervorragender Männer un eine Uebersicht über die Behandlung besonders hervortretender Probleme, als eine wirkliche Darstellung der geschichtlichen Entwickelung der Mathematik.
Nach einer kurzen Einleitung, in der der Einwirkung Gerbert’s gedacht wird, bespricht der Verfasser zunächst die ersten Anfänge mathematischer Studien auf der Wiener Hochschule unter Johann von Gmunden, Georg von Peuerbach, um sich sodann zu Regiomontan und seinen Nachfolgern Johann Werner (siehe p.32) und Albrecht Dürer zu wenden. Dann folgt eine Besprechung der hervorragendsten Rechenbücher zu Anfang des \(16^{\text{ten}}\) Jahrhunderts. Das erste Lehrbuch der Algebra stammt von Christoff Rudolff von Jena, dem dann eine Schilderung des Inhalts der Arithmetica integra von Stifel folgt. Im Weiteren werden dann Jost Bürgi, Nicolaus Reymers besprochen. Der zweite Theil dieses Buches bringt dann eine Uebersicht der Leistungen in der Trigonometrie und der Herstellung trigonometrischer Tafeln, wobei denn Kepler in hervorragender Weise Berücksichtgung findet; namentlich wird sein Einfluss auf die Entwickelung der Logarithmentafeln eingehend besprochen. Daran schliesst sich eine Besprechung der Leistungen von Benjamin Ursinus, Crüger auf diesem Gebiete und endlich Guldin. Das zweite Buch (p. 139-206) behandelt die Zeit von der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Hier ist zunächst Leibniz, der mit seiner Erfindung der Differentialrechnung in den Vordergrund tritt. Sein Leben, der Einflus seiner Arbaiten und der Streit mit Newton nehmen über die Hälfte dieses Buches in Anspruch. Darnach folgt Ehrenfried Walther von Tschirnhaus mit seinen Arbeiten (p. 186-191). Zum Schluss werden noch Christian Wolf, Abraham Gotthelf Kästner, Johann Heinrich Lambert, Johann Friedrich Pfaff, Carl Friedrich Hindenburg, Eschenbach und Rothe, sowie der verderbliche Einfluss der combinatorischen Schule auf die Entwickelung der Mathematik in Deutschland besprochen. Das dritte Buch (p. 207-307) umfasst die Zeit vom Anfang bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Hier werden die bedeutendsten Männer nach ihrem Einfluss und ihren Leistungen nach einander geschildert. Es sind Gauss, Jacobi, Abel, Dirichlet, Monge, Carnot, Poncelet, Möbius, Plücker und Steiner. Damit schliesst das Buch, auf dessen Einzelheiten näher einzugehen, der hier gestattete Raum verbietet.
Eine Recension desselben findet sich Darboux Bull. (2) II. 201-206.