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Mémoire sur la théorie des fonctions algébriques de deux variables. (French) JFM 21.0775.01

Diese, von der Pariser Akademie der Wissenschaften preisgekrönte Arbeit fördert wesentlich die bisher nur wenig angebaute Theorie der algebraischen Functionen von zwei Variabeln. Man verdankt bekanntlich Hrn. Noether die Aufstellung der beiden Fundamentalbegriffe des Flächengeschlechts \(p\) und des Curvengeschlechts \(p_1\) einer Gleichung (Fläche) \(f(x, y, z) = 0\), sowie die Ermittelung eines auf der Fläche \(f\) überall endlichen Doppelintegrales \(\iint \frac{Q dxdy}{f_{z}'}\), wo \(Q\) ein zu \(f\) “adjungirtes” Polynom bedeutet und \(f_{z}'\) die partielle Ableitung von \(f\) nach \(z\). Die Eigenschaften solcher Integrale hat Hr. Noether neuerdings noch weiter verfolgt.
Der Verfasser hat es vorgezogen, statt der letzteren mit einfachen Integralen von totalen Differentialen zu operiren von der Form: \[ \int^{x, y} (P dx + Q dy), \] wo \(P, Q\) rationale Functionen der \(x, y, z\) (die an die Relation \(f = 0\) gebunden sind) bedeuten.
Wie bei den ebenen algebraischen Curven (oder den algebraischen Functionen einer Variablen) lassen sich hier Integrale erster, zweiter und dritter Gattung unterscheiden. Allerdings existiren solche der zweiten Gattung nur auf Flächen \(f\) von besonderem Charakter.
Es ist aber von ungemeiner Wichtigkeit, die derartigen Flächen zu bestimmen und die zugehörigen Integrale zweiter Gattung wirklich zu bilden; merkwürdiger Weise kommt diese Frage auf die nachden rationalen Integralen gewisser linearen Differentialgleichungen zurück.
Die Anzahl der verschiedenen Integrale zweiter Gattung wird dann genau gleich der Anzahl ihrer Perioden.
Für die Integrale dritter Gattung stellt sich (in Analogie mit der Ebene) als der wichtigste Hülfsbegriff der der “Cyklen algebraischer Flächen” dar. Solcher Cyklen existiren zwei ganz verschiedene Arten: eindimensionale (“lineare”) und zweidimensionale. Mit den ersteren verhält es sich, wie mit den Integralen zweiter Gattung: auch sie existiren nur auf gewissen Flächen, die ermittelt werden. Diese Frage führt auf die nach der Reducibilität einer gewissen linearen Differentialgleichung.
Dagegen kann man in den zweifach ausgedehnten Cyklen, die immer vorhanden sind, die wahre Analogie mit den Erscheinungen in der Ebene erblicken.
Die wichtigste Anwendung der so skizzirten neuen Theorie wird auf die birationalen Transformationen von Flächen in sich selbst gemacht.
Diese gestalten sich sehr verschieden je nach dem Geschlechte der Fläche. Ist das Geschlecht grösser als Eins, so kann die Gruppe derartiger Transformationen nicht mehr als einen einzigen willkürlichen Parameter enthalten. Die zugehörigen Flächen zerlegen sich in zwei Arten. Auf denjenigen der ersten Art kann man ein Curvensystem vom Geschlecht Null oder Eins angeben. Bei der zweiten Art lassen sich \(x, y, z\) als eindeutige Functionen zweier Integrale \(u\) und \(v\) hinschreiben. (Vgl. hiermit die bezüglichen Entwickelungen von Hrn. Noether, F. d. M. XIX. 1887. 790, JFM 19.0790.01).
Die zweite Art liefert die wahren Analoga zu den rationalen und elliptischen Curven der Ebene.
Im Einklange mit diesen Ergebnissen steht das andere, welches ein in der Ebene schon früher erledigtes Problem für den Raum löst, dass zwei Flächen, deren Geschlecht die Einheit übersteigt, niemals eine discontinuirliche Gruppe von birationalen Transformationen in einander zulassen.
Uebrigens ist hier eines auffälligen Unterschiedes zwischen Ebene und Raum zu gedenken: während eine ebene algebraische Curve keine ein-eindeutige Transformation in sich zulässt, die nicht zugleich birational wäre, ist das bei Flächen sehr wohl möglich. Es hängt dieser Umstand zusammen mit den Eigenschaften eindeutiger Integrale von Differentialgleichungen der Form \(F(y, y', y'') = 0\), Verallgemeinerungen von solchen, die Fuchs und Poincaré erhalten hatten.
Zum Schlusse wird der Begriff des Integrales erster Gattung dahin erweitert, dass Functionen \(u\) in Betracht gezogen werden, die sich bei Durchlaufung eines linearen Cykels linear reproduciren, sodass \(u\) übergeht in \(au + b\), wo \(a, b\) Constanten bedeuten.
Bei diesem kurzen Ueberblick mag es sein Bewenden haben, da es nicht wohl möglich ist, auf die reichen Einzelnheiten der Arbeit näher einzugehen.

Citations:

JFM 19.0790.01
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