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Zum Mittelwertsatze der Differentialrechnung. (German) JFM 48.0250.03

Ist \(y=f(x)\) in \(a\leqq x\leqq b\) stetig, in \(a < x < b\) differentierbar, so gilt, falls \(x\) und \(x+h\) im abgeschlossenen Intervall \(a\ldots b\) liegen, die Formel \[ f(x+h)-f(x)=h\cdot f'(x+\vartheta h) \quad \text{mit}\quad 0<\vartheta= \vartheta(x,h)<1 \tag{M} \] des ersten Mittelwertsatzes. Die Arbeit geht von der sehr anziehenden Frage aus, bei welchen Funktionen \(\vartheta\) weder von \(x\) noch von \(h\) oder nur von \(h\) oder nur von \(x\) abhängt. Die Ergebnisse sind überraschend einfach; aber die Beweise nicht so leicht, wie man es vermuten möchte. Macht man noch von der Bemerkung Gebrauch, daß es auf eine Streckung von \(x\) und \(y\) sowie auf eine additiv hinzutretende lineare ganze Funktion bei \(y=f(x)\) nicht ankommt, so kann man die Ergebnisse so formulieren:
(M) wird für ein konstantes \(\vartheta\) nur durch die Parabel \(y=x^2\) und nur mit \(\vartheta=\frac12\) erfüllt; für \(\vartheta=\vartheta(h)\not \equiv\) konst. nur durch \(e^x\) und nur mit \(\vartheta=\dfrac1h \log\dfrac{e^h-1}h\); für \(\vartheta=\vartheta(x)\not\equiv\) konst. durch keine Funktion \(- \vartheta(h)\) bzw. \(\vartheta(x)\) werden dabei als differentiierbar angenommen.
Weiterhin wird dann allgemeiner für die Taylorsche Formel \[ f(x+h) = f(x) + \frac h{1!} f'(x) + \cdots +\frac{h^{n-1}}{(n-1)!}f^{(n-1)}(x)+ \frac{h^n}{n!}f^{(n)}(x+\vartheta h) \tag{T} \] mit dem Lagrangeschen Restglied die Frage nach den Funktionen mit konstantem \(\vartheta\) aufgeworfen. Es zeigt sich, daß hier nur die Polynome \((n+1)\)-ten Grades mit \(\vartheta=\dfrac1{n+1}\) der Formel (T) genügen.
Endlich zeigt sich ähnlich bezüglich des Mittelwertsatzes \(n\)-ter Ordnung \[ \varDelta^n f(x)=h^n\cdot f^{(n)}(x+\vartheta nh), \] daß hier \(\vartheta\) dann und nur dann konstant, und zwar \(=\frac12\), ist, wenn \(f(x)\) ein Polynom \((n+1)\)-ten Grades ist.
Zum Schluß der Arbeit wird die Frage nach den Bedingungen behandelt, denen \(\vartheta\) als Funktion von \(x\) und \(h\) genügen muß, damit (M) für ein passendes \(f(x)\) erfüllt werden kann. Es ergibt sich als notwendige Bedingung, daß \(\vartheta(x,h)\) einer gewissen partiellen Differentialgleichung dritter Ordnung genügen muß. Diese Bedingung ist, wie durch Beispiele belegt wird, nicht hinreichend. Ist sie aber erfüllt, so kommt (im wesentlichen) nur eine explizit angebbare Funktion \(f(x)\) in Betracht, für die (M) mit dem gegebenen \(\vartheta(x, h)\) erfüllt ist.

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References:

[1] H. Laurent, Trait? d’Analyse, Paris, Gauthier-Villars, 1885, I, S. 96. · JFM 22.0274.02
[2] E. Netto, Lehrbuch der Kombinatorik, Leipzig, Teubner, 1901, S. 249 (17).
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