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A treatise on the theory of Bessel functions. (English) JFM 48.0412.02

Cambridge: University Press, viii, 804 S. (1922).
Der vorliegende Band gibt eine sehr eingehende, fast vollständige und außerordentlich übersichtliche Darstellung der Theorie und Anwendungen der Besselschen Funktionen. Der Verf. befolgt hierbei nach seiner eigenen Äußerung zwei Gesichtspunkte. Erstens soll an diesem Spezialgebiet die Anwendbarkeit der Hauptergebnisse der komplexen Funktionentheorie erläutert werden; zweitens soll die vorliegende Darstellung eine einheitliche Zusammenfassung des ungeheueren Materials geben. In der Literatur sind zahlreiche Lehrbücher und Gesamtdarstellungen über Besselsche Funktionen vorhanden, doch kann wohl keines von diesen an Vollständigkeit und Exaktheit mit dem vorliegenden verglichen werden. Aus diesem Grunde eignet sich das Watsonsche Werk in vorzüglichem Maße als “standard-work” für die Theorie der Besselschen Funktionen, dessen Existenz der mathematischen Welt umso wichtiger sein dürfte, weil in den Definitionen und Bezeichnungen dieser Theorie vielfach große Abweichungen vorhanden sind, die sich oft unangenehm fühlbar machen.
Im Folgenden soll versucht werden, eine knappe Inhaltsangabe des imposanten Werkes zu geben, mit besonderer Hervorhebung derjenigen Definitionen, die von den in der Literatur üblichen abweichend erscheinen.
Kap. I (Besselsche Funktionen vor 1826) erörtert die Beziehungen zu den klassischen, von Leibniz, Johann und Daniel Bernoulli, Euler, Lagrange, Laplace, Fourier, Poisson und Bessel behandelten Problemen der mathematischen Physik. Kap. II gibt die Definition der “Besselschen Koeffizienten” \(J_n(z)\) auf Grund der Laurentreihe \[ e^{\frac z2 (t - t^{-1})} = \sum_{n=-\infty}^\infty t^n J_n (z), \] woraus die einfachsten Eigenschaften derselben unmittelbar folgen. Den Ausgangspunkt von Kap. III bildet die Differentialgleichung \[ z^2 \frac {d^2 y}{dz^2} + z \frac {dy}{dz} + (z^2 - \nu^2)y = 0, \] worin \(\nu\) eine beliebige (reelle oder komplexe) Zahl ist. Die Funktion \[ J_\nu(z) = \sum_{m=0}^\infty \frac{(-1)^m}{m! \varGamma (\nu + m + 1)} \left( \frac z2 \right)^{\nu + 2m} \] liefert ein partikuläres Integral, das sich für ganzzahliges \(\nu, \nu = n\), auf \(J_n(z)\) reduziert. Auf Grund dieser Definition werden nun die bekanntesten Eigenschaften von \(J_\nu (z)\) bewiesen. Ein zweites, von dem vorigen unabhängiges Partikulärintegral wird bekannterweise durch Einführung der Funktionen zweiter Art gewonnen. Hankel setzt, wenn \(\nu - \frac 12\) keine ganze Zahl ist, \[ {\mathbf Y}_\nu (z) = 2\pi e^{\nu \pi i} \frac {J_\nu (z) \cos \nu \pi - J_{-\nu} (z)}{\sin 2 \nu \pi}, \] wobei für ganzes \(\nu, \nu = n\), die rechte Seite als Grenzwert für \(\nu \to n\) aufzufassen ist. Verf. führt jedoch eine andere Funktion als die kanonische Funktion zweiter Art ein, die von Weber und Schläfli stammt, nämlich \[ Y_\nu (z) = \frac {J_\nu (z) \cos \nu \pi - J_{-\nu} (z)}{\sin \nu \pi}, \] bzw. den Grenzwert des rechtsstehenden Ausdruckes, wenn \(\nu\) ganz ist. Es wird außerdem noch eine dritte Kombination erwähnt, die als Funktion zweiter Art von C. Neumann eingeführt wurde. Für ganzes \(\nu, \nu = n\), lautet sie: \[ Y^{(n)} (z) = \frac 12 {\mathbf Y}_n (z) + (\log 2 - \gamma) J_n (z), \] wo \(\gamma\) die Eulersche Konstante bezeichnet. Sie hat (außer ihrem historischen Interesse) den Vorteil, daß sie eine gewisse einfache Integraldarstellung erlaubt. In demselben Kapitel werden noch die Funktionen dritter Art \[ \begin{gathered} H_\nu^{(1)}(z) = J_\nu (z) + i Y_\nu (z), \\ H_\nu^{(2)}(z) = J_\nu (z) - i Y_\nu (z) \end{gathered} \] eingeführt und verschiedene Fundamentalsysteme für die Differentialgleichung gegeben. Von den besonderen, in der mathematischen Physik oft benutzten speziellen und verwandten Fällen seien die Besselschen Funktionen mit rein imaginärem Argument erwähnt: \[ I_\nu (z) = \sum_{m=0}^\infty \frac 1{m! \varGamma (\nu + m + 1)} \left( \frac z2 \right)^{\nu + 2m}, \quad K_\nu (z) = \pi \frac {I_{-\nu} (z) - I_\nu (z)}{2 \sin \nu \pi} \] (letztere als Grenzwert aufgefaßt, wenn \(\nu\) ganz ist).
Kap. IV beschäftigt sich eingehender mit der Besselschen Differentialgleichung, mit ihrer Beziehung zu dem Riccatischen Typus und mit ihren verschiedenen Umformungen. Es folgen die wichtigsten Sätze von Liouville über elementare Transzendenten, d. h. über solche Funktionen, die aus algebraischen Funktionen durch endlich vielmalige algebraische, logarithmische und exponentielle Operationen, sowie durch Integration hervorgehen. Keine Lösung der Besselschen Differentialgleichung (außer der identisch verschwindenden) kann algebraisch sein, ferner keine elementartranszendent, abgesehen von dem Falle, wenn \(2\nu\) eine ungerade Zahl ist. Dieses Kapitel wird mit den speziellen Lösungen der Laplaceschen Differentialgleichung und der Wellengleichung, die sich durch Besselsche Funktionen ausdrücken lassen, geschlossen. Kap. V handelt von allerlei speziellen Eigenschaften der Besselschen Funktionen. Die Hansensche Darstellung von \(J_\nu (z)\) als Grenzwert einer hypergeometrischen Reihe sei besonders genannt. In Kap. VI werden die verschiedenen Integraldarstellungen aufgezählt. Den Ausgangspunkt bilden hier die Integrale von der Form \[ \int e^{i z t} (t^2 - 1)^{\nu - \frac 12} \, dt, \] wo der Integrationsweg auf mannigfache Weise variiert wird. Sehr wichtig sind die beiden folgenden Kapitel VII und VIII über asymptotische Formeln. Es werden zunächst die semikonvergenten Entwicklungen von \(J_\nu (z)\) und \(Y_\nu (z)\) hergeleitet, die bei festem \(\nu\) für große \(z\) gelten, u. zw. gleichmäßig in jedem Winkelraum mit \(|\) arc \(z | < \pi\). Größe und Vorzeichen des Restgliedes wird auch eingehend behandelt. Dann folgen asymptotische Formeln für \(J_\nu (z)\) bei festem \(z\) und großem \(\nu\) oder bei großen Werten von \(\nu\) und \(z\). Im Anschluß an die Debyeschen Abschätzungen wird das Prinzip der Sattelpunkte erörtert. Interessant sind die qualitativen Eigenschaften von \(J_{\nu}(\nu x), 0 < x \leqq 1\), die hauptsächlich vom Verf. selbst stammen. Kap. IX beschäftigt sich mit verschiedenen, mit der Theorie verknüpften Polynomtypen, vor allen Dingen den Lommelschen, denen bei der Untersuchung der Lage der Nullstellen eine Bedeutung zukommt. Kap. X behandelt verschiedene, mit den Besselschen verwandte Transzendenten, deren Aufzählung hier zu weit führen würde. Kap. XI handelt von den Additionstheoremen, Kap. XII von Integralen zwischen endlichen, Kap. XIII von denen zwischen unendlichen Grenzen. Letzteres bringt das allgemeine Weber-Schafheitlinsche Integral \[ \int_0^\infty \frac{J_\mu (at) J_\nu (bt)}{t^2} \, dt, \] woraus mannigfache Arten von diskontinuierlichen Integralen folgen, deren Bedeutung für die mathematische Physik schon längst, für die analytische Zahlentheorie erst neuerdings erkannt wurde. Auch andere Typen von diskontinuierlichen Integralen werden hier genannt, z. B. das von Sonine und Gegenbauer, Gallop und Hardy usw. Von den Anwendungen sei das “problem of random walk” [K. Pearson, Nature 72, 294 (1905); 72, 342 (1905); J. C. Kluyver, A local probability problem. Proc. Sect. Sci., Koninkl. Akad. Wetensch. Amsterdam 8, 341–350 (1906)] erwähnt.
Kap. XIV bringt mehrfache Integrale und verschiedene Verallgemeinerungen des Fourierschen Integraltheorems, Kap. XV die Hauptsätze über die Nullstellen der Besselschen Funktionen. Diese sind von zweierlei Art: Entweder qualitative Sätze über die Lage der Nullstellen (Realität und desgl.), oder asymptotische Sätze. Auch die Abhängigkeit der Nullstellen von \(J_\nu (z) \) von der Ordnung \(\nu\) wird verfolgt. Die weiteren Kapitel sind hauptsächlich den Reihenentwicklungen nach Besselschen Funktionen gewidmet: Kap. XVI den C. Neumannschen Reihen \[ \sum_{n=0}^\infty a_nJ_{\nu +n}(z) \] und den sog. Lommelschen Funktionen, die in der Theorie der Diffraktion benutzt werden, Kap. XVII den Kapteynschen Entwicklungen \[ \sum_{n=0}^\infty \alpha_nJ_{\nu +n}[(\nu + n)z], \] die in der Astronomie eine Bedeutung haben, Kap. XVIII den eigentlichen Fourier-Besselschen Entwicklungen, die auf den Orthogonalitätsrelationen \[ \int_0^1 t J_\nu (j_m t) J_\nu (j_n t)\, dt = 0 \] beruhen, wo \(j_m\) und \(j_n\) verschiedene Nullstellen von \(J_\nu\) bezeichnen. Dieser Typus ist von Dini erweitert worden, der Entwicklungen von der Form \[ \sum_{m=1}^\infty b_m J_\nu (\lambda_m x) \] betrachtet hat, wo die \(\lambda_m\) die positiven Nullstellen der Funktion \[ z^{-\nu} (zJ_\nu^\prime (z) + H J_\nu(z)) \] durchlaufen. Hierbei ist \(H\) eine Konstante, \(\nu\) ist stets \(\geqq - \frac 12\). Die weitest gehenden Resultate bezüglich dieser Entwicklungen stammen wohl von W. H. Young [Proc. Lond. Math. Soc. (2) 18, 163–200 1919-20; JFM 47.0343.01)] und C. N. Moore [Trans. Am. Math. Soc. 21, 107–156 (1920; JFM 47.0343.02)]. Kap. XIX behandelt die Schlömilchschen Reihen \[ \sum_{m=0}^\infty a_m J_\nu (mx), \] während das Schlußkapitel XX eine bemerkenswerte historische und bibliographische Zusammenstellung über die Tafeln der Besselschen und verwandten Funktionen gibt. Hier werden auch die beigefügten, mehr als 80 Seiten umfassenden Tafeln erklärt. Darunter findet man z. B. die Werte von \(J_0(x), Y_0(x), J_1(x), Y_1(x)\) mit 7 Dezimalstellen von \(x = 0\) bis 16 mit den Zwischenintervallen \(= 0,02\), ferner Tafeln der Hankelschen Funktion \(H^{(1)}_n (x) \) (und zwar für \(|H^{(1)}_n | \) und arc \(H^{(1)}_n \)), für \(e^{-x} I_0 (x)\), \(e^{-x} I_1 (x)\), \(e^{x} K_0 (x)\), \(e^x K_1(x)\), sowie \(e^x\), dann Tafeln für \(J_{\frac 12} (x)\), \(Y_{\frac 12} (x)\), \(|H^{(1)}_{\frac 12}|\), arc \(|H^{(1)}_{\frac 12}|\), \(J_n (x)\), \(Y_n (x)\), \(e^{-x} I_n (x)\), \(K_n(x)\) (für verschiedene Werte von \(x\) und \(n\), \(n\) ganz), \(J_{\pm (n + \frac 12)} (x)\), \(J_n (n)\), \(Y_n (n)\), \(J_n^\prime (n)\), \(Y_n^\prime (n)\), \(n^{\frac 12} J_n (n)\), \(n^{\frac 12} Y_n (n)\), usw. (für \(n = 1, 2, \dots, 50\)), Tafeln der 40 ersten Nullstellen von \(J_n (x)\) und \(Y_n(x)\) für verschiedene \(n\), schließlich für \(\int\limits_0^x J_0(t)\, dt\), \(\int\limits_0^x Y_0(t)\, dt\), für \(x = 0\) bis 50 mit den Zwischenintervallen \(= 1\). Manche dieser Tafeln sind ganz neu, manche mit Korrekturen und Ergänzungen aus bereits existierenden übernommen.
Das Literaturverzeichnis erstreckt sich auf 35 Seiten. Wichtig ist noch für den bequemen Gebrauch die Zusammenstellung der benutzten Bezeichnungen, die mit der größten Konsequenz beibehalten worden sind. Ein Verzeichnis der zitierten Autoren, sowie ein Sachverzeichnis beschließt das schöne und wertvolle Werk. (IV 17.)

MathOverflow Questions:

Upper bounds for Bessel functions

MSC:

33-02 Research exposition (monographs, survey articles) pertaining to special functions
33C10 Bessel and Airy functions, cylinder functions, \({}_0F_1\)
65A05 Tables in numerical analysis
65D20 Computation of special functions and constants, construction of tables