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Sur l’homéomorphie de deux figures et de leur voisinages. (Thèses présentées à la Faculté des Sciences de Strasbourg.). (French) JFM 48.0650.01

Journ. de Math. (8) 4, 221-325 (1921); Paris: Gauthier-Villars, 105 S. \(4^0\) (1921).
Sind \(F, f\) zwei homöomorphe (d. h. eineindeutig, umkehrbar-stetig aufeinander abbildbare) Figuren und \(F\) in \(E, f\) in \(e\) gelegen, wo \(E, e\) zwei Räume gleicher Dimension sind, so unterscheidet Antoine drei Fälle: 1) Es gibt eine Homöomorphie von \(E\) auf \(e\), bei der \(F\) und \(f\) einander entsprechen; 2) es liegt nicht Fall 1) vor, aber es gibt in \(E\) bzw. \(e\) eine Umgebung \(F_1\) von \(F\) (d. h. jeder Punkt von \(F\) ist innerer Punkt von \(F_1\)) bzw. \(f_1\) von \(f\) und es gibt eine Homöomorphie von \(F_1\), auf \(f_1\), bei der \(F\) und \(f\) einander entsprechen; 3) es gibt keine solchen Umgebungen \(F_1, f_1\). – Nimmt man für \(E = e\) die Ebene, für \(F\) und \(f\) geschlossene Jordansche (d. h. einfache) Kurven oder Jordansche Kurvenbogen, so wird, gestützt auf Entwicklungen von de la Vallée Poussin, ein Beweis dafür gegeben, daß hier Fall 1) vorliegt, d. h. daß \(F\) und \(f\) einander entsprechen bei einer Homöomorphie der ganzen Ebene auf sich selbst -sie läßt sich speziell so wählen, daß sie außerhalb der Kurven aus abzählbar vielen Homographien von Dreiecken besteht. (Im besonderen läßt sich eine – alle Punkte außerhalb eines hinlänglich großen Kreises in Ruhe lassende – stetige Deformation der Ebene angeben, die \(F\) in \(f\) überführt.) Nimmt man für \(F\) speziell die Linie eines Kreises (bzw. Halbkreises), so ist darin die Zweiteilung (bzw. Nichtzerlegung) der Ebene durch eine Jordankurve \(f\) (bzw. einen Jordanbogen \(f\)) enthalten. Ähnliche Erweiterungssätze wie für 2 Jordankurven (bzw. 2 Jordanbogen) gelten für 2 Systeme von endlich oder abzählbar vielen Jordanschen Kurven und Kurvenbogen ohne gemeinsame Punkte und von gleicher gegenseitiger Lagerung (hinsichtlich Ein- oder Ausschließens); hingegen nicht für zwei beliebige, als stetige aber nicht einfache Kurven darstellbare, einander homöomorphe Punktmengen \(F, f\); für solche Mengen kann statt des obigen Falles 1) sowohl 2) als 3) eintreten. – Nimmt man für \(E = e\) den dreidimensionalen Raum \(E_3\), so sind Fall 2) und 3) bereits für Jordankurven möglich. Zwar liegt Fall 1) immer vor, wenn \(F\) und \(f\) Jordankurven in einer Ebene des \(E_3\) oder auf einer Kugel sind; betrachtet man aber eine Jordankurve \(F\) auf einer Torusfläche und geben die ganzen Zahlen (“Verkettungskoeffizienten”) \(\alpha\) und \(\beta\) kurz gesagt an, wie oft \(F\) die Torusachse, bzw. die Linie der Meridianmittelpunkte umläuft, so gilt: Nur wenn eine der Zahlen \(\alpha, \beta\) gleich 0 oder \(\pm 1\) ist, liegt für \(F\) und eine Kreislinie \(f\) Fall 1) und die Möglichkeit einer \(F\) in \(f\) überführenden Deformation des \(E_3\) vor; andernfalls aber Fall 2). Und man erhält ein Beispiel für Fall 3), wenn man eine Jordankurve \(F\) im \(E_3\) derart herstellt, daß sie unendlich viele verknotete Kurvenstücke enthält, die immer kleiner werden und sich in einem Punkte häufen ; dabei gibt es keine homogene (nirgends singuläre) Fläche, auf der \(F\) liegt.
Im zweiten Teil der Arbeit werden (im \(n\)-dimensionalen Raum \(E\)) die Mengen \(F\) betrachtet, die überall-unzusammenhängend (“partout discontinu”) sind, d. h. derart, daß es zu je zweien ihrer Punkte \(M_1, M_2\) eine Zahl \(\varepsilon > 0\) gibt, so daß die Menge \(F\) keine endliche, \(M_1\) mit \(M_2\) verbindende Punktfolge \(M_1 = N_0, N_1,\ldots, N_{k-1}, N_k=M_2\) enthält, für die alle Abstände \(N_{i-1} N_i< \varepsilon\) sind. In Verallgemeinerung eines Satzes von Painlevé wird gezeigt, daß es im \(E_i\) zu zwei \((n - 1)\)-dimensionalen geschlossenen “Flächen” \(S_1,S_2\) wovon \(S_2\) im Inneren von \(S_1\) liegt, stets eine im Inneren von \(S_1\) und im Äußeren von \(S_2\) liegende polygonale Fläche \(V\) gibt, die mit einer vorgegebenen ü. u. (\(=\) überallunzusammenhängenden) abgeschlossenen Menge \(F\) keinen Punkt gemein hat. (\(S_1\) und \(S_2\) werden dabei als abgeschlossen, beschränkt, zusammenhängend, ohne mehrfache Punkte vorausgesetzt.) Für die abgeschlossenen, beschränkten ü. u. Mengen ergibt sich eine neue Definition: als Menge der Punkte im Inneren von unendlich vielen Flächen eines Systems \(\varSigma\) “definierender Flächen” von folgender Beschaffenheit: a) jeder natürlichen Zahl \(\lambda\) sind in \(\varSigma\) endlich viele Flächen \(\varPhi_\lambda\) der “Ordnung \(\lambda\)” zugeordnet, jede im Äußeren jeder anderen und mit einem maximalen Durchmesser \(\varDelta_\lambda\), wo \(\lim \varDelta_\lambda = 0\); b) jede \(\varPhi_{\lambda+1}\) liegt im Inneren einer \(\varPhi_\lambda\), und im Inneren jeder \(\varPhi_\lambda\) liegt mindestens eine \(\varPhi_{\lambda+1}\). Ersetzt man hier die Worte “mindestens eine” durch “mindestens zwei”, so erhält man eine Kennzeichnung der perfekten beschränkten ü. u. Mengen. Jede abgeschlossene beschränkte ü. u. Menge liegt auf einem Jordanbogen; alle beschränkten abgeschlossenen ü. u. Mengen irgend eines \(E_n\) sind homöomorph mit der bekannten Menge aller Zahlen der Strecke \([0, 1]\), die sich als triadische Brüche nur mit den Ziffern 0 und 2 schreiben lassen; also sind alle untereinander homöomorph (vgl. Denjoy, C. R. 149, 1048; 151, 138). Für irgend zwei perfekte beschränkte ü. u. Mengen \(P, P'\), die in derselben Ebene \(E_2\) liegen (analoges wie in \(E_2\) gilt auf der Geraden \(E_1\) sowie auf geschlossenen oder offenen Jordankurven), lassen sich geeignet gewählte Homöomorphien auf die ganze \(E_2\) ausdehnen, sowie durch stetige Deformation von \(E_2\) herstellen, wobei jeder Punkt von \(P\) nur Zwischenlagen durchläuft, die nicht auf \(P'\) liegen. -Daß im \(E_3\) wesentlich mannigfaltigere Verhältnisse vorliegen, wird durch ein interessantes Beispiel gezeigt: Im Inneren eines Torus \(T_1\) wird aus einer hinlänglich großen Anzahl zu \(T_1\) ähnlicher, hinlänglich kleiner Torusflächen \(T_2\) entlang der Mittellinie von \(T_1\) eine geschlossene Kette hergestellt; im Inneren jeder Torusfläche \(T_2\) analog im verkleinerten Maßstab eine Kette aus Torusflächen \(T_3\) usf.; \(T_1, T_2,\ldots\) sind die “definierenden Flächen” der Ordnung \(1, 2, \ldots\) für eine perfekte beschränkte ü. u. Menge \(P_T\) von folgenden Eigenschaften: Für eine Homöomorphie von \(P_T\) auf eine perfekte ü. u. Menge auf einer Geraden im \(E_3\) liegt stets Fall 3) (Unmöglichkeit der Erweiterung auf eine Umgebung) vor; es gibt keine zu \(P_T\) punktfremde einfache sphärische Fläche, die sowohl im Äußeren als im Inneren Punkte von \(P_T\) hat; es gibt Jordankurven \(j\), so daß jede von \(j\) begrenzte Elementarfläche mit \(P_T\) (nicht abzählbar viele) Punkte gemein hat. Nimmt man zwei Torusflächen erster Ordnung \(T_1', T_1''\), deren jede im Äußeren der anderen liegt, und setzt \(Q\) gleich der Vereinigungsmenge der beiden zugehörigen Mengen \(P_T\), und zwar einmal so, daß \(T_1', T_1''\) nicht miteinander verkettet sind, das andere Mal so, daß sie verkettet sind, so erhält man zwei homöomorphe Mengen \(Q\) (beide perfekt beschränkt und ü. u.), so daß es Homöomorphien zwischen ihnen gibt, die sich auf eine Umgebung, aber nicht auf den ganzen \(E_3\) ausdehnen fassen.