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Grundzüge der mehrdimensionalen Differentialgeometrie in direkter Darstellung. (German) JFM 48.0841.04

Berlin: J. Springer. VII u. 198 S. gr. \(8^\circ\) (1922).
Die Differentialgeometrie in mehrdimensionalen Räumen ist in den letzten Jahren von den verschiedensten Seiten her gefördert worden, so daß eine systematische Anordnung des Erreichten sich als immer dringenderes Bedürfnis erwies. Diesem entspricht nun die folgende Darstellung, die den Gegenstand vom allgemeinsten Standpunkte aus behandelt, d. h. unter Zugrundelegung der allgemeinsten quadratischen Maßbestimmung die Theorie eines \(M_n\) in einem \(R_m\) (\(m>n\)) einheitlich entwickelt, um dann erst zu spezialisieren. Dabei wird die von Schouten entwickelte und von ihm im Verein mit dem Verf. bereits früher mit Glück verwandte Methode der “direkten Analysis” benutzt, die keinerlei Koordinatensystem heranzieht. Sie hat, wenn man einmal in die Symbolik eingedrungen ist, in der Tat manche beachtenswerten Vorzüge, da sie durchweg kovariant rechnet und dadurch alle Weitläufigkeiten der Koordinatenmethode vermeidet. Daß daneben die Koordinatenmethode, wie sie Ricci entwickelt hat, durchaus ihre Berechtigung hat, wird durchaus nicht verkannt, hat doch gerade Schouten neuerdings ein Lehrbuch zur Einführung in diese “konkurrierende” Methode geschrieben. Von den Kinderkrankheiten einer jeden jungen Disziplin: schwankende Terminologie, verschiedenartiger Ausbau der Symbolik u. ä., ist auch die Differentialgeometrie im \(R_n\) nicht verschont, und so muß man z. B. in Kauf nehmen, daß das, was in der Regel als Tensor bezeichnet wird, hier Affinor genannt wird. Aber da die reichhaltige Literatur des Gegenstandes sorgfältig gesammelt und in der wertvollen historischen Einleitung im einzelnen charakterisiert wird, kann jeder Leser sich selbst über derartige kleine Anfangsschwierigkeiten hinweghelfen. Der Inhalt des Buches zerfällt in vier Teile. Zunächst wird die Affinoralgebra der \(n\)-dimensionalen Differentialgeometrie entwickelt, wobei insbesondere die Zerlegung des Fundamentaltensors in ideale Faktoren in ihrer Bedeutung gekennzeichnet wird. Sodann folgt die Affinoranalysis, in der die allgemeinste lineare Übertragung entwickelt wird, d. h. eine Übertragung, bei der jede Größe und ihre Differentialquotienten nach den Urvariablen gleichartig sind und bei der die Gesetze \[ d\varPhi=\varPhi_\lambda dx_\lambda;\;d(\varPhi-\varPsi)=d\varPhi-d\varPsi;\;d(\varPhi\varPsi)=(d\varPhi)\varPsi+\varPhi(d\varPsi) \] erfüllt sind. Aus ihr ergibt sich die von Levi-Civita 1917 in ihrer Bedeutung erkannte geodätische Verschiebung. Die mehrfache Differentiation führt sofort auf den Riemann-Christoffelschen Krümmungsaffinor und aus ihm in bekannter Weise auf das Riemannsche Krümmungsmaß. Das nun folgende dritte Kapitel ist im besonderen Sinne das geistige Eigentum des Verf. Es handelt sich um Krümmungseigenschaften einer \(M_n\) im \(R_n\), die ohne den Krümmungsaffinor sich formulieren lassen, und die von Schouten und Struik zum ersten Male in Palermo Rend. 46, 165-184 (Ref. siehe d. Bd. S. 859) angegeben worden sind. Wir finden da die Verallgemeinerung der Frenetschen Formeln, des Meusnierschen Satzes, der Begriffe konjugierter Richtungen, geodätischer Krümmung u. ä. in ihrer allgemeinsten Form. Das letzte Kapitel enthält in derselben Weise die Untersuchung derjenigen Krümmungseigenschaften einer \(M_n\), die sich auf den Krümmungsaffinor beziehen. Auch diese sind großenteils von Schouten und Struik zum ersten Male angegeben worden (vgl. Amst. Ac. Proc. 24, 146-161, 1921). Alles in allem eine höchst wertvolle Erscheinung, die die Beachtung eines jeden, der sich für Differentialgeometrie interessiert, auf sich lenken wird.