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Über die Statistik verketteter Vorgänge. (German) JFM 49.0382.01

In den meisten Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden nur unabhängige Ereignisse betrachtet; die Praxis liefert aber viele Fälle von Verkettungen, die eine völlige Änderung der Theorie erfordern: Epidemiesterblichkeit, Verkehrsunfälle, Pflanzenverteilung seien etwa als Beispiele herangezogen. A. Markoff hat den Spezialfall untersucht, in dem bei einer Folge zufallbedingter Großen die Chancen von \(x_{n+1}\) jeweilig durch diejenigen von \(x_n\) bestimmt sind; hier werden nun vom zweitgenannten Verfasser mehrere allgemeinere Fälle theoretisch untersucht, während die als befriedigend anzusprechende Prüfung an statistischem Beobachtungsmaterial bei einigen praktischen Spezialisierungen vom ersten Verfasser herrührt.
1. In einer Urne befinden sich zuerst \(R\) rote und \(S=N-R\) schwarze Kugeln; man zieht eine heraus und legt dafür \(1+\varDelta\) von der gezogenen Farbe hinein. Sind in den ersten \(n\) Zügen \(r\) rote und \(s=n-r\) schwarze Kugeln herausgekommen, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, beim \((n+1)\)-ten Zug eine rote bzw. schwarze Kugel zu ziehen, gleich \[ \frac{\varrho+r\delta}{1+n\delta}\text{ bzw. }\frac{\sigma+s\delta}{1+n\delta}; \;\frac RN=\varrho,\;\frac SN=\sigma,\;\frac\varDelta N=\delta. \] Die Wahrscheinlichkeit \(p_{r,s}\) in \(n\) Zügen genau \(r\) rote und \(s=n-r\) schwarze Kugeln zu ziehen, läßt sich nun angeben, ebenso z. B. die mathematische Erwartung \(\langle r\rangle\) von \(r\), sowie das Quadrat der mittleren Abweichung dieser Erwartung. Der Grenzfall seltener Ereignisse (z. B. Eisenbahnunfälle) ist besonder interessant; hier ist \(\langle r\rangle=h=\varrho n\) sehr gering und \(\langle(r-h)^2\rangle=h(1+n\delta)\), \(\delta>0\); \[ \lim_{n\to\infty}p_{r,n-r}=P_r=\binom{\varrho/\delta+r-1}{r} (n\delta)^r(1+n\delta)^{-\varrho/\delta-r}. \] Eine Nachprüfung an den Tabellen für Pockensterblichkeit in der Schweiz 1877-1900 ergibt weit bessere Übereinstimmung, als unter Zugrundelegung unabhängiger Ereignisse: man verfügt hier eben um einen naturgegebenen Parameter mehr.
2. Das schwierigere Problem der Punktverteilung im Raume \(R_n\) wird anschaulichkeitshalber für \(n=2\) durchgeführt; für \(n=1\) wird man im klassischen Falle der Unabhängigkeit auf die radioaktiven Zerfallserscheinungen, für \(n=3\) analog auf die Brownsche Bewegung geführt; allgemein erhält man dort bei einer mittleren Dichte \(D\) für \(r\) Punkte in einer Fläche \(f\) das Exponentialgesetz der Wahrscheinlichkeit \(W_r(f)=\dfrac{(Df)^r}{r!}e^{-D}\). Bei “Chancenvermehrung durch Erfolg” (z. B. Pflanzenverteilung) wird hier nun statt dessen ein allgemeineres, ebenfalls “stabiles” Gesetz mit einem weiteren Parameter \(\alpha>0\) vorgeschlagen, das für \(\alpha=0\) in jenes übergeht; eine quantitative Kontrolle wird in Aussicht gestellt.

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