Berzolari, L. Algebraische Transformationen und Korrespondenzen. (German) JFM 59.1291.01 Leipzig, B. G. Teubner (Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften mit Einschlußihrer Anwendungen, Bd. III\(2_{2}\), Heft 12; S. 1781-2218) (1933). Unter einer Korrespondenz mit den Indices \((\alpha,\beta )\) soll eine algebraische Beziehung zwischen zwei algebraischen Gebilden \(C\) und \(C'\) verstanden werden, mittels der jedem Punkt auf \(C\) \(\alpha \) Punkte von \(C'\) und jedem Punkt von \(C'\) \(\beta \) Punkte von \(C\) entsprechen. Im zweiten Kapitel werden die Korrespondenzen von rationalen Gebilden auf demselben oder auf verschiedenen Trägern besprochen. - Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Bestimmung von ganzzahligen Invarianten, insbesondere der Anzahl der Koinzidenzen bei Korrespondenzen von Gebilden auf demselben Träger. Den ersten Hauptteil (Kapitel III) bildt die Untersuchung der Korrespondenzen einer algebraischen Kurve mit sich selbst. Den einfachsten Typus bilden die Korrespondenzen, in denen jedem Punkt eine Punktgruppe einer linearen Schar entspricht. Bei den Korrespondenzen des nächst höheren Typus bilden die Punkte, die einem Punkt \(P\) entsprechen, erst unter \(\gamma \)-maliger Hinzunahme von \(P\) eine Gruppe einer linearen Schar. \(\gamma \) heißt die Wertigkeit der Korrespondenz; sie ist eine positive ganze Zahl und zwar für \(T\) und \(T^{-1}\) die gleiche. Diese beiden Typen sind die einzigen Korrespondenzen, die sich durch eine einzige Gleichung dastellen lassen. - Läßt man auch virtuelle Scharen zu, so kann \(\gamma \) auch negativ werden. Topologische Bedeutung: Beschreibt ein Punkt auf der Riemmanschen Fläche einen geschlossenen Weg \(\sigma \), so beschrieben seine Bildpunkte in \(T\) und \(T^{-1}\) zusammengenommen den Weg \(\gamma \sigma \). - Auf jeder Kurve gibt es solche Wertigkeitskorrespondenzen, aber im allgemeinen auch nur solche. Um nun alle denkbaren Korrespondenzen zu erfassen, untersucht man die ganzzahliglineare Transformation \(\varOmega \), die die Periodenwege, und die lineare Transformation \(\sum \), die die Integrale erster Gattung durch die Korrespondenz erfahren. Für Wertigkeitskorrespondenzen ist \(\varOmega =-\gamma \mathfrak E\). Hat \(\varOmega \) nicht diese Form, so heißt die Korrespondenz singulär. Damit es auf einer Kurve eine solche geben kann, ist notwendig, daßzwischen den Perioden der Integrale erster Gattung ein gewisses System quadratischer Beziehungen mit ganzzahligen Koeffizienten besteht. - Die Matrizen \(\varOmega \), die zu einer Kurve gehören, bilden ein lineares System, aus dem sich \(\mu \leqq 2p^2\) unabhängige auswählen lassen. - Die charakteristische Gleichung von \(\varOmega \) heißt die Minimalgleichung der Korrespondenz. Die Wurzeln der charakteristischen Gleichung von \(\sum \) hat Rosati als allgemeinere Wertigkeiten eingeführt. In ihnen spiegelt sich eine große Zahl von Eigenschaften der Korrespondenz. Es lohnt sich, auch die Elementarteiler der charakteristischen Gleichung von \(\sum \) zu betrachten. - Hervorzuheben sind die symmetrischen Korrespondenzen, die mit ihren inversen äquivalent, und die halbsymmetrischen, die mit ihren inversen residual sind. Sie haben in jeder Beziehung besonders einfache Eigenschaften. Jede Korrespondenz läßt sich als Summe einer symmetrischen und einer halbsymmetrischen darstellen. - Ist \(\gamma =0\) eine \(2(p-q)\)-fache Wurzel der Minimalgleichung und \(q<p\), so heißt die Korrespondenz spezial von der Art \(p-q\). Es gibt dann ein \((q-1)\)-dimensionales System von Integralen erster Gattung vom Geschlecht \(q\) und ein \((p-q-1)\)-dimensionales System von Integralen vom Geschlecht \(p-q\) auf der Fläche (reguläre reduzible Systeme). Umgekehrt kann man bei jedem regulären reduziblen System von Integralen erster Gattung nach den zugehörigen spezialen Korrespondenzen fragen. Sie bilden zwei Netze mit \(l\) bzw. \(m\) unabhängigen Korrespondenzen. Es ist \(l+m=\mu \) in der oben eingeführten Bedeutung. - Die Anzahl der voneinander unabhängigen Korrespondenzen, die in beiden Netzen vorkommen, heißt der Immersionskoeffizient des regulären reduziblen Systems. An die Riemannsche Matrix der Perioden knüpfeln sich vielfache Betrachtungen und geometrische Bilder, namentlich von Scorza und Rosati. Zu erwähnen ist der Begriff der Pseudoachse (Achse ist ein reguläres reduzibles System). Es werden ihr eine Reihe von charakteristischen Zahlen zugeordnet, aus denen man Eigenschaften der Korrespondenzen ablesen kann, die auf der Kurve möglich sind. - Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel ist die Jacobische Mannigfaltigkeit von \(p\) Dimensionen, die aus allen Gruppen von \(p\) Punkten besteht. Es gibt auf ihr eine \(p\)-dimensionale abelsche Gruppe von birationalen Transformationen, deren Untersuchung ebenfalls über die Korrespondenzen der Kurve Aufschlüsse gibt. Es werden die ganzzahligen Invarianten der Korrespondenz, also Grad, Geschlecht, Anzahl der Koinzidenzpunkte betrachtet. - Von einer großen Zahl der vorkommenden Begriffe werden geometrische und topologische Deutungen gegeben. Es werden Ringe und Gruppen von Korrespondenzen betrachtet. Ist ein Index einer Korrespondenz gleich 1, so haben wir eine algebraische Involution vor uns. (Die Involutiionen im gewöhnlichen Sinn sind Korrespondenzen mit der einzigen Wertigkeit \(\gamma =1\).) Aus der allgemeinen Theorie folgt für sie eine Reihe schöner Sätze. Ebenso führt die Korrespondenz \(T\) mit allgemeinen Indices auf den Begriff einer algebraischen Schar von Punktgruppen. Eine algebraische Schar hat außer den Invarianten, dimension und Ordnung, die auch die linearen Scharen haben, noch einen Index, der dem Grad einer algebraischen Kurve entspricht, und eine Reihe von Invarianten \(Z_0,Z_1,\dots,Z_{p-1}\), die elementarsymmetrischen Funktionen der Wertigkeiten von \(T\cdot T^{-1}\). \(Z_0\) heißt auch der Äquivalenzdefekt. - Von besonderer Bedeutung sind die birationale Transformationen. Es werden die Untersuchungen behandelt, ob zwei Kurven birational äquivalent sind und welche birationalen Transformationen einer Kurve auf sich selbst möglich sind. Im vierten Kapitel werden birationale Transformationen (Cremona-Transformationen) von Ebenen und Räumen behandelt. Es werden die Hauptpunkte und Hauptkurven der ebenen Transformation betrachtet, in denen die Transformation aufhört, eindeutig zu sein: Die Hauptpunkte der einen Ebene entsprechen den Haupkurven der anderen. Ein für die Transformation charakteristisches Zahlensystem besteht aus der Ordnung \(n\) des Bildes der allgemeinen Geraden, aus seinen Vielfachheiten \(r_i\) in den Hauptpunkten, aus den Ordnungen \(s_k\) der Haupkurven und ihren Vielfachheiten \(\alpha _{ik}\) in den Hauptpunkten. Zwischen diesen Zahlen besteht ein System \(S\) von Gleichungen. - Spiegelt man die Matrix \[ \mathfrak M=\begin{pmatrix} n & r_1 & r_2 & \cdots & r_h\\ s_1 & \alpha _{11} & \alpha _{12} & \cdots & \alpha _{1h}\\ s_2 & \alpha _{21} & \alpha _{22} & \cdots & \alpha _{2h}\\ \hdotsfor 5\\ s_h & \alpha _{h1} & \alpha _{h2} & \cdots & \alpha _{hh} \end{pmatrix} \] an der Hauptdiagonale, so erhält man die charakteristischen Zahlen der inversen Transformation. Insbesondere ist die Ordnung der inversen Transformation ebenfalls \(n\). Sind mehrere Zahlen \(r_i\) einander gleich, so zeigen sich merkwürdige Gesetzmäßigkeiten. Von vielen Methematikern ist die Aufgabe angegriffen worden, eine Übersicht über sämtliche Cremona-Transformationen gegebener Ordnung zu gewinnen. Als charakteristische Zahlen kommen nur die Lösungen des Systems \(S\) n Frage, aber von diesen scheiden noch die negativen Lösungen aus und diejenigen, die sich auf negative zurückführen lassen. Montesano hat ein rekursives Verfahren angegeben, alle Cremona-Transformationen \(n\)-ter Ordnung aus denen der niedrigeren Ordnungen herzuleiten. Zu weiteren Ergebnissen gelangt man, wenn man die Cremona-Transformarionen nicht nach der Ordnung einteilt, sondern nach dem Index, der Differenz zwischen Ordnung und größter Vielfachheit in den Hauptpunkten. - Besonders zu bemerken sind die de-Jonquières-Transformationen, Transformationen der Form \(x=x', y=\dfrac {ay+b}{cy+d}\), wobei \(a,b,c,d\) Polynome in \(x\) sind; weiter die symmetrischen Transformationen, deren sämtliche Hauptpunkte gleiche Vielfachheit haben. Von ihnen gibt es vier Typen. - Es werden die Cremona-Transformationen auf algebraische Kurven angewendet. Sind \(m\) und \(m'\) der Grad, \(\lambda _i\) und \(\lambda _i'\) die Vielfachheit der Kurve im \(i\)-ten Hauptpunkt vor und nach der Transformation, so stehen diese beiden Zahlensysteme \(Z\) und \(Z'\) in der linearen Beziehung \(Z'=\mathfrak M\cdot Z\), wo \(\mathfrak M\) die oben angeführte Matrix bedeutet. - Es wird die Frage untersucht, ob zwei gegebene algebraische Kurven durch eine Cremona-Transformation in einander überführbar seien. Zu ihrer Entscheidung haben wir die Coblesche Gruppe nötig: Coble bezeichnet die Punkte, die im Lauf der Untersuchung als Hauptpunkte in Frage kommen, und sogrt dafür, daßbei den Transformationen die Bezeichnungen nach einer eindeutigen Vorschrift übertragen werden. Die Transformation wird nicht durch ihre Gleichung, sondern durch die Bezeichnungen und Vielfachheiten ihrer Hauptpunkte gekennzeichnet. So hat man die Möglichkeit gewonnen, von dem Produkt zweier Transformationen zu sprechen. Es ist von der Transformation verschieden, die man erhält, wenn man ihre analytischen Ausdrücke ineinander einsetzt. In der Ebene gilt der Satz, daßsich jede Cremona-Transformation als Produkt quadratischer oder auch als Produkt von eindeutig bestimmten quadratischen und gewissen speziellen De-Jonquières-Transformationen darstellen läßt. - Finden sich die beiden Ebenen in vereinigter Lage, so ergeben sich zunächst die Fragen nach Koinzidenz-Punkten und Koizidenz-Kurven u.ä. Dann aber stellt sich unmittelbar ein Grunppenbegriff ein, der von dem Cobleschen verschieden ist. Es wurden endliche, insbesondere zyklische, dann aber auch endliche kontinuierliche Gruppen untersucht. Die erzeugenden Elemente lassen sich durch Cremona-Transformationen in wohlbestimmte Normaltypen überführen. die wichtige Erscheinung dieser Art sind die involutorischen Transformationen. -Unter den Cremona-Transformationen spielen die quadratischen Transformationen eine besonders wichtige rolle und sind viel bearbeitet worden; es sind rein geometrische Konstruktionen von ihnen angegeben worden. Die wichtigste und bekannteste von ihnen ist die Inversion am Kreis oder allgemeiner die lineare Transformation (Kreisverwandtschaft) der komplexen Ebene, wie wir sie aus der Funktionentheorie kennen. Viele der gewonnenen Begriffe und Ergebnisse lassen sind auf den Raum übertragen. Hier gibt es aber nicht nur Hauptpunkte und dual dazu Hauptflächen, sondern auch möglicherweise, aber nicht notwendig, Hauptkurven. Ihnen können im andern Raum Hauptflächen oder auch nur wieder Hauptkurven entsprechen. Man kann wieder ein System charakteristischer Zahlen aufstellen und die Relationen zwischen ihnen untersucht. Hier ist im allgeleinen der Grad einer Transformation von dem Grad de r inversen Transformation verschieden. - Man könnte eine ähnliche Begriffsbildung versuchen wie die der Cobleschen Gruppe in der Ebene; jedoch gilt hier nicht der Satz, auf dem dort ihre Bedeutung beruht: Man kann beweisen, daßsie durch kein System von endlich vielen Erzeugenden dargestellt werden kann. So ist man denn auf sehr viel mühsamere Wege angewiesen, wenn man sich eine Übersicht über die räumlichen Cremona-Transformationen verschaffen will. Kennt man eine Transformation, die eine gegebene Fläche in eine Ebene überführt, so kann man alle finden, wenn man alle Cremona-Transformationen der Ebene in sich untersucht und zusieht, wie sie sich in dem gegebenen Fall in den Raum ausdehnen lassen. - Von besonderer Einfachheit sind die Transformationen zweiten und dritten Grades, die beide in gewisser Weise als Übertragungen der quadratischen Transformation der Ebene aufgefaßt werden können. Es werden alle möglichen Typen angegeben. Zahlreiche Betrachtungen knüpfen sich an die involutorischen Transformationen, insbesondere die Inversion durch reziproke Radien, dann auch an die (3,3)-Transformation. Die De-Jonquières-Transformationen lassen bemerkenswerte Übertragungen zu. - Außer dem Grad besitzen die Cremona-Transformationen zwischen zwei Räumen \(R\) und \(R'\) noch ein Geschlecht: Das der Kurven, in denen sich die Bilder der Ebenen von \(R'\) und die Ebenen von \(R\) schneiden. Es werden alle Transformationen der Geschlechter 0 und 1 aufgezählt. - Liegen die beiden Räume vereinigt, so kann man wieder Gruppen bilden. Es sind einige bemerkenswerte Gruppen untersucht worden, jedoch ist man zu einer Aufstellung von Normaltypen für sämtliche endlichen Gruppen noch nicht vorgedrungen. - Von den endlichen kontinuierlichen Gruppen kennt man alle Typen. - Es sind vielfach solche Transformationen untersucht worden, für die die Komplexe der Verbindungsgeraden entsprechender Punkte besondere Eigenschaften haben, z. B. Kongruenzen sind. von den Dingen, die sich auf Räume von beliebiger Dimension verallgemeinern lassen, ist vor allem die Coblesche Gruppe erwähnenswert. Coble nennt Transformationen regulär, wenn sie nur isolierte Hauptpunkte und Hauptflächen \((n-1)\)-ten Grades haben. Sie haben denselben Grad und dieselbe Anzahl von Hauptpunkten wie ihre Inversen. Sie sind durch ihre Hauptpunkte bestimmt. Sie lassen sich wie die ebenen Transformationen zu einer Cobleschen Gruppe zusammensetzen. - Man kann im \(r\)-dimensionalen Raum neben der Ordnung \(n=n_1\) einer beliebigen Cremona-Transformation noch weitere Zahlen \(n_2,n_3,\dots,n_{r-1}\) betrachten, die sich durch eine natürliche Verallgemeinerung des Ordnungsbegriffes ergeben. Die Ordnungszahlen der inversen Transformation sind dann dieselben zahlen in umgekehrter Reihenfolge. Im fünften Kapitel werden Untersuchungen über mehrdeutige Transformationen zwischen zwei Ebenen bzw. Räumen besprochen. Es treten hier jedoch keine wesentlichen Erscheinungen zu denen hinzu, die wir schon an den mehrdeutigen Transformationen zwischen Kurven oder an den Cremona-Transformationen kennengelernt haben. Im sechsten Kapitel “Anwendungen” werden zunächst die geometrischen Gebilde betrachtet, die durch eine Transformation dadurch erzeugt werden, daßman entsprechende Elemente zum Schnitt bringt oder verbindet. - Die wichtigste Anwendung der Cremona-Transformationen ist die Reduktion von Kurven, Flächen oder linearen Systemen von solchen auf Typen mit Möglichst einfachen Eigenschaften. So gilt der Satz von Noether, daßsich jede Kurve in eine Kurve transformieren läßt, die in ihren vielfachen Punkten lauter verschiedene Tangenten hat. Damit gewinnt man eine Übersicht über alle möglichen verschiedenen Singularitäten von algebraischer Kurven. Schließlich werden noch die Abbildungen von rationalen Flächen auf die Ebene oder von Flächen beliebigen Geschlechtes auf mehrfache Ebenen untersucht. Das wichtigste Hilfsmittel dazu ist die Betrachtung der linearen Scharen von Kurven auf diesen Flächen und Ebenen. - Von besonderem Reiz sind hier die Fragen nach reellen Abbildungen; es erweisen sich dabei unter anderem auch topologische Fragestellungen und Methoden als fruchtbar. Die Darstellung des Ganzen ist so ausführlich gehalten, daßauch der, der dieses Gebiet noch nicht kennt, sich daraus ohne weitere Hilfsmittel einen Überblick und Einblick verschaffen kann. Besprechung: B. Segre; Bollettino U. M. I. 12 (1933), 337. E. Löffler; Jahresbericht D. M. V. 46 (1936), 34-35 kursiv. Reviewer: Keller, O. H., Dr. (Berlin) Cited in 2 ReviewsCited in 6 Documents JFM Section:Zweiter Halbband. Fünfter Abschnitt. Geometrie. Kapitel 5. Algebraische Geometrie. A. Allgemeines. Birationale Transformationen. PDF BibTeX XML