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Complex variable and operational calculus with technical applications. (English) JFM 65.0478.03

XI + 355 p. Cambridge, At the University Press (1939).
Das Buch ist ein erfreuliches Zeichen dafür, daß bei den Ingenieuren (der Verf. ist ein solcher) sich die Erkenntnis Bahn bricht, daß die Integration einer Differentialgleichung kein Problem ist, das rezeptmäßig mit einem Minimum von mathematischen Kenntnissen durch den Heaviside-Kalkül gelöst werden kann, sondern daß dazu auf jeden Fall, welche Lösungsmethode man auch wählt, ein gerütteltes Maß von moderner Mathematik gehört. Bei Verf. hat die von den Ingenieuren sogenannte “funktionentheoretische Methode” den Vorrang, und so macht er den Leser zunächst in einem sehr umfangreichen I. Teil (S. 3-112) mit der komplexen Funktionentheorie bekannt, wobei das Hauptgewicht auf den Singularitäten und der Auswertung von Residuenintegralen liegt. Der allgemeinen Theorie des Operatorenkalküls ist der (an Umfang kleinste) II. Teil gewidmet (S. 115-162). Leider kann diese Darstellung in keiner Weise als eine geeignete Basis für diese Theorie angesehen werden. Bekanntlich muß der Heaviside-Kalkül als eine verkürzte Ausdrucksweise für folgende Operationen angesehen werden: 1) Anwendung der Laplace-Transformation auf eine gegebene Differentialgleichung, wodurch eine Hilfsgleichung entsteht. 2) Lösung dieser Hilfsgleichung. 3) Rücktransformation der Lösung der Hilfsgleichung in die Lösung der ursprünglichen Gleichung durch eine der Umkehrungsformeln für die Laplace-Transformation, worunter das komplexe Fourier-Integral die wichtigste ist. Was das Buch im wesentlichen macht, besteht nun darin, daß es zeigt, wie man dieses komplexe Integral auswertet. Die eigentlichen Schwierigkeiten werden dabei vollkommen übergangen. Diese bestehen bekanntlich, abgesehen von noch tieferliegenden Fragen, darin, zu entscheiden, ob das komplexe Umkehrintegral wirklich anwendbar ist (diese Schwierigkeit wird zwar einige Male theoretisch gestreift, und ihr ist auch ein Kapitel des Anhangs gewidmet, praktisch wird aber immer das Umkehrintegral als zutreffend angesehen); ob die auftretenden unendlichen Reihen gliedweise integriert werden können; ob die Reihen, wenn sie divergieren, asymptotische Darstellungen liefern; ob die auf diesem Wege gefundene Funktion wirklich eine Lösung ist. (Vgl. hierzu das Buch des Ref.: Theorie und Anwendung der Laplace-Transformation. Berlin 1937; JFM 63.0368.*). Auf dem geringen Raum, der den eigentlichen Grundlagen gewidmet ist (S. 115-142), lassen sich solche Fragen natürlich auch gar nicht erledigen. Allgemein werden überhaupt nur die gewöhnlichen Differentialgleichungen behandelt (S. 143-151), bei denen bekanntlich der Heaviside-Kalkül völlig elementar, auch ohne Transformationstheorie, begründet werden kann. Partielle Differentialgleichungen werden nur in dem wieder sehr umfangreichen III. Teil (S. 163-281), der den technischen Anwendungen gewidmet ist, als spezielle Beispiele vorgeführt. Dieser Teil ist eine Fundgrube für denjenigen, der technische Beispiele sehen will. Hier kann man, wenn man alle übrigen Schwierigkeiten bereits ausgeräumt hat, lernen, wie man aus komplexen Integralen praktisch brauchbare Ausdrücke herleiten kann.

Citations:

JFM 63.0368.*