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Über mehrfache Vektoren und ihre Produkte sowie deren Anwendung in der Elastizitätstheorie. (German) JFM 37.0113.01

Der Verfasser ordnet einer binären quadratischen Form einen Vektor zu, dessen Länge durch die Diskriminante der Form bestimmt wird, und einer Form \(2^n\)-ter Ordnung, entsprechend ihren Zerlegungen in quadratische Faktoren, ein System von \(n\)-fachen Vektoren oder Vielbeinen \(n\)-ten Grades. Ein \(n\)-fachen Vektor besteht aus \(n\) gleichlangen Vektoren, seinen Beinen, die von einem Punkte \(O\) ausgehen. Zwei \(n\)-Beine, die sich nur in einer geraden Anzahl von Richtungen ihrer Teilbeine unterscheiden, sind als gleich anzusehen. Von der Addition ihrer Formen ausgehend, wird eine Addition der Vielbeine definiert, welche die formalen Gesetze der algebraischen Addition befolgt. Die Überschiebungen der Formen zweier Vielbeine liefern neue Vielbeine, die als Produkte der gegebenen Vielbeine bezeichnet werden. In der Tat führt die erste Überschiebung der binären quadratischen Formen \(\mathfrak{ a, b}\) zu dem Vektorprodukt, die zweite Überschiebung zu dem skalaren Produkt der Vektoren \(\mathfrak{ a, b}\).
Hiernach behandelt der Verfasser das volle System eines Zweibeins und das daraus abgeleitete System seiner invarianten Vielbeine, sowie die Beziehungen seiner Konstanten zu den Wurzeln der kubischen Resolvente \(4e^3-g_2e-g_3=0\) seiner biquadratischen Form.
Es folgt die Untersuchung der möglichen vektorischen Produkte eines Vektors \(\mathfrak a 1.\) mit einem Skalar, 2. mit einem anderen Vektor \(\mathfrak u\) und 3. mit einem Zweibein. Diese Produkte bestimmen eine Affinität des Vektorraumes, die dem Vektor \(\mathfrak a\) den Vektor \(\mathfrak a'\) zuweist, oder – um mit Gibbs-Wilson zu reden – eine Dyadik oder lineare Vektorfunktion; nur dieser kann ein System von Vielbeinen zugeordnet werden, das aus einem Skalar, einem Vektor und einem Zweibein besteht. Dabei ist der Vektor \(\mathfrak a'\) die Summe der genannten vektorischen Produkte von \(\mathfrak a\) mit diesen Vielbeinen.
Ein solcher Vektor \(\mathfrak a'\) läßt sich nun einer unendlich kleinen Deformation zuordnen, die demnach in drei Teile zerfällt; und zwar bestimmen der Skalar und der Vektor \(\mathfrak u\) die Dilatation und die Rotation des Volumenelements, während das Zweibein denjenigen Teil der Deformation bestimmt, der allein eine Gestaltsveränderung des Volumenelements hervorruft. Hiernach ergibt sich das interessante Resultat, daß die binären Operationen der nullten, ersten und zweiten Überschiebung einer quadratischen Form mit einer Form nullter, zweiter und vierter Ordnung die einzelnen Teile der Deformatioin, nämlich reine Dilatation, Rotation und Scherung des Volumenelements, vollständig charakterisieren.
Zum Schluß wendet der Verfasser seine Betrachtungen an auf die Theorie der Elastizität eines anisotropen Mediums. Er findet, daß sich jedem Punkte eines solchen Mediums ein System von fünf elastischen Vielbeinen zuordnen läßt, bestehend aus einem Vierbein, zwei Zweibeinen und zwei Skalaren, welche, wenn sie allgemein und von einander unabhängig sind, die 21 elastischen Konstanten liefern. Insbesondere werden automorphe elastische Systeme untersucht, die sich aus einem Vierbein und zwei Zweibeinen zusammensetzen, deren Gruppe daher nur aus Rotationen und Drehspiegelungen besteht.

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References:

[1] Vgl. die vorläufige Mitteilung unter dem Titel ”Über Binäranalyse und elastische Potentiale”, Wien. Anz. v. 26. April 1906.
[2] Vgl. ”Über Binäranalyse”, Sitzgsber. d. Wien. Ak., Bd. 112, Abt. IIa (im folgenden mit ”B” zitiert), und ”Über die höheren Vektorgrößen der Kristallphysik als binäre Formen”, ebda., Bd. 113, Abt. IIa, p. 1107.
[3] Dieser allgemeine Satz ergibt sich durch Spezialisierung für mehrfachquadratische Formen einer allgemeinen Reihenentwicklung, s. ”Über die Reihenentwicklung mehrfachbinärer Formen”, Wien. Ber., Bd. CXIII, Abt. IIa, p. 1209. Für spezielle Fälle wird er im folgenden von neuem bewiesen.
[4] Diese einfachen Beziehungen lassen den Versuch vielleicht als wünschenswert erscheinen, die einfache Figur des Zweibeines und der beiden ihm assoziierten Zweibeine geometrischen Betrachtungen in der Theorie der elliptischen Funktionen zu Grunde zu legen.
[5] S. Gibbs-Wilson, Vektoranalysis, p. 265.
[6] S. Beltrami, ”Note fisicomatematiche”, Rend. mat. di Palermo, t. 3, p. 74, und Somigliana, ”Sul potenziale elastico”, Ann. di. mat. (3), t. VII p. 129.
[7] S. Helmholtz, Vorlesungen, II, p. 120.
[8] S. Voigt, ”Allgem. Formeln für die Bestimmung der Elastizitätsk on stanten etc.”, Wied. Ann., Bd. 16, p. 273.
[9] S. Aron, ”Über die Herleitung der Kristallsysteme aus der Theorie der Elastizität”, Wied. Ann., Bd. 20, p. 272.
[10] S. Minnigerode, ”Untersuchungen über die Symmetrieverhältnisse und die Elastizität der Kristalle”, Gött. Nachr. 1884, p. 195, 374, 488. · JFM 16.0871.01
[11] S. Somigliana, l. c., ”Sul potenziale elastico”, Ann. di. mat. (3), t. VII p. 129. und ”Sulla legge di razionalità rispetto alle proprietà elastici dei cristalli”, Rend. delle R Acc. dei Lincei. (5), t. III, p. 238, und ”Sopra gli invarianti ortogonali di deformazioni”, ib. (5), t. IV, p. 25.
[12] Vgl. H. Burkhardt, Über Funktionen von Vektorgrößen, welche selbst wieder Vektorgrößen sind. Math. Ann, Bd. 43, S. 197, und ”B.”, p. 1093.
[13] Vgl. ”Über die lineare Vektorfunktion etc.” l. c. p. 1081. – Die Bezeichnung r; f für die Dyadik {\(\Phi\)} von Gibbs-Wilson, l. c. p. 265, rührt von Jaumann her, s. Grundlagen der Bewegungslehre, Leipzig 1905, p. 28. Das dyadische Produkt \(\mathfrak{D}\) kann dauch durch eine bilineare Form in den Cartesischen Koordinaten zweier Vektoren gegeben werden oder, wenn man den Vektor nach Art. 4 durch eine ternäre Linearform darstellt, durch das Produkt zweier symbolischer ternären Linearformen.
[14] S. die in: ”Über Reihenentwicklungen etc.” l. c. pag. 1211 angegebene Modifikation der Clebsch-Gordanschen Entwicklung.
[15] Die Koeffizientensysteme für diese in Cartesischen Koordinaten gegebenen Produkte s. bei Voigt, Komp. d. Phys., p. 137.
[16] Die verschiedenen geometrischen Symmetrien oder kristallographischen Gruppen sind nach Schönflies ”Kristallsysteme und Kristallstruktur”, Leipzig 1891, Voigt, Komp. d. Phys., I., p. 134, durch die folgenden Gruppen charakterisiert. Die Kristallgruppe ist: triklin: Identität; monoklin: zyklische GruppeC 2; rhombisch: diedrische GruppeD 2=VierergruppeV; rhomboëdrisch: zyklische GruppeC 3; diedrische GruppeD 3; tetragonal: zyklische GruppeC 4; diedrische GruppeD 4; hexagonal: zyklische GruppeC 6; diedrische GruppeD 6; regulär: Oktaedergruppe, Tetraedergruppe.
[17] Ein solcher spezieller Strain ist die Doppelscherung (s. Art. 15); nur stehen bei dieser die Vektoren p, q (die in Art. 15 mit n, m bezeichnet wurden) aufeinander senkrecht.
[18] Die beiden anderen Hauptdilatationen werden ebenso aus den skalaren Produkten der zu u2 assoziierten Zweibeine gefunden.
[19] Bezüglich des Systems einer Biquadrik und einer Quadrik s. Clebsch, Binäre Formen, p. 212.
[20] Es werden hier und im folgenden statt der Zeichen für Überschiebungen die Bezeichnungen der eingeführten entsprechenden Produkte verwendet.
[21] Vgl. Voigt: ”Über eine anscheinend notwendige Erweiterung der Theorie der Elastizität”, Wied. Ann., Bd. 52, p. 536. Der dort verwendete Satz des Herrn Stickelberger folgt nach dem Obigen als: Jede ganze rationale Funktion der Strainkoordinaten, welche vom Koordinatensystem unabhängig ist, ist eine ganze rationale Funktion von u0,g 2,g 3; denn diese Größen bilden das volle System der Invarianten der Duploquadrik des Strains.
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